Rot-Grün noch nicht mal Drohkulisse

Fortsetzung der großen Koalition in Bremen ist ausgemachte Sache. Die CDU will trotz schwerer Einbrüche „auf Augenhöhe“ mit der SPD verhandeln. Das Rathaus hilft: Der Wahlausgang sei kein Grund, „Schwarze zu mobben“. Ein Streitpunkt: Bildung

aus Bremen ELKE HEYDUCK
und MARKUS JOX

Die Sympathisanten einer rot-grünen Koalition in der Bremer SPD sind kleinlaut geworden. „Wir haben unseren Frieden mit dem Wahlergebnis gemacht“, sagt Joachim Schuster. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion war ein Wortführer derer, die nach acht Jahren großer Koalition in Bremen den Wechsel wollten.

Doch Bürgermeister Henning Scherf, der Mann, mit dem die Sozialdemokraten dem Bundestrend getrotzt haben, hat sie alle in den Sack gesteckt. Lange vor der Wahl hat er deutlich gemacht, dass er nur für die große Koalition zur Verfügung steht. Morgen wird der Landesparteitag der SPD ihm wunschgemäß den Auftrag erteilen, noch in dieser Woche Verhandlungen mit der CDU aufzunehmen.

Die hat nicht nur einen kuriosen Wahlkampf geführt, indem sie wie die SPD für Scherf warb, sie ist auch jetzt wieder in einer merkwürdigen Position. Obwohl sie die große Verliererin der Wahl ist – minus sieben Prozentpunkte – will sie mit der SPD „auf Augenhöhe“ verhandeln.

Wie das? Sie kann sicher sein, dass Henning Scherf mit der rot-grünen Option noch nicht einmal drohen wird. „Ich will sehr darauf achten, dass wir nicht mit Drohungen, sondern mit vernünftigen Argumenten arbeiten“, verkündet Scherf. Sein Sprecher drückt es volkstümlicher aus: „Es gibt auch nach diesem Wahlergebnis keinen Grund, die Schwarzen zu mobben.“

Dennoch: In der Sache will die SPD sich nun in etlichen Punkten durchsetzen: „Das neue Kräfteverhältnis muss sich abbilden“, sagen sowohl Fraktionschef Jens Böhrnsen als auch der Landesvorsitzende Detlev Albers. Beide galten als Rot-Grün-Befürworter, wittern nun aber auch in der großen Koalition Morgenluft für ihre Themen: „Wir werden als Reaktion auf Pisa die sechsjährige Grundschule einführen. Ich setze voraus, dass die CDU das akzeptiert“, so Albers. Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm ein Schulsystem à la Bayern mit Haupt-, Realschule und Gymnasium gefordert.

Die gebeutelte CDU gibt sich allerdings noch trotzig. Fraktionschef Jens Eckhoff fordert Ausgewogenheit und sagt: „Es darf keine sozialistischen Experimente geben, das gilt für alle Politikfelder.“ Unverzichtbar für die CDU seien die Ressorts Wirtschaft und Finanzen, so Eckhoff. Nachdem CDU-Wirtschaftssenator Josef Hattig das Handtuch geworfen hat, beansprucht aber die Bremerhavener SPD just dieses Ressort für ihren Mann, den parteilosen Unternehmer Ulrich Nussbaum. Das bisherige Senatorenverhältnis von vier zu drei müsse bleiben, so Eckhoff.

Zu der Frage, ob die CDU an ihrem Innen- und Kultursenator Kuno Böse festhält, nahm Eckhoff nicht Stellung. Es werde „Gespräche mit Senator Böse geben“. Der aus Berlin importierte Hardcore-Legalist Böse war am Wahlabend „bis zum Geht-nicht-mehr deprimiert“ – vor allem die 4,3 Prozent für die rechte Schill-Partei frusteten ihn. Er stehe nur dann weiter zur Verfügung, wenn der Bereich Innere Sicherheit nicht noch weiter „sozialdemokratisiert“ werde, so Böse.