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Archiv-Artikel

Müll-Prozess weiter in der Schwebe

Verteidiger verzichten nach Aktenpanne der Staatsanwaltschaft vorerst auf Aussetzungsanträge. Anklage kündigt Widerstand gegen mögliche milde Urteile an

Von PAB

KÖLN taz ■ Der Müllskandalprozess vor dem Kölner Landgericht hängt weiter in der Schwebe. Zwar erklärten die Verteidiger der drei Angeklagten gestern, trotz einer schwer wiegenden Aktenpanne der Staatsanwaltschaft vorerst keine Aussetzung des Verfahrens beantragen zu wollen. Trotzdem droht weiter ein Platzen des Prozesses. Denn die Strafkammer machte deutlich, dass sie möglichen Aussetzungsanträgen auch noch nach den Ostertagen stattgeben werde. Bis dahin will die Staatsanwaltschaft neue Beweisanträge stellen, um auf die „veränderte Prozesssituation“ zu reagieren.

In dem seit vier Monaten laufenden Prozess geht es um rund 11 Millionen Euro Schmiergelder, die beim Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage geflossen sein sollen. Der Vorsitzende Richter Martin Baur hatte den Angeklagten in der vergangenen Woche milde Strafen in Aussicht gestellt. Während der Ex-SPD-Politiker Norbert Rüther nach derzeitigem Stand sogar mit einem Freispruch rechnen könne, käme der Exgeschäftsführer des Anlagenbauers Steinmüller, Sigfrid Michelfelder, mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren, einer Geldauflage von einer Million Euro sowie einer Geldstrafe davon. Für den Hauptangeklagten Ulrich Eisermann, dem Exgeschäftsführer der Kölner Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG), bliebe eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten.

Die Staatsanwaltschaft äußerte gestern völliges Unverständnis über die Zwischenbilanz des Gerichts. Angesichts der Schwere der Tatvorwürfe seien alle drei Urteilsvorschläge „unangemessen und nicht vertretbar“. So käme für die Anklage ein Freispruch Rüthers „nicht in Betracht“. Auch die anderen vom Gericht erwogenen Strafen seien „unverhältnismäßig milde“. PAB