: Front gegen Azubi-Maut
Die geplante Ausbildungsabgabe käme der Stadt Kiel teuer. Die Kritiker fürchten um Lehrstellen
KIEL taz ■ Kiels Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) ist eine fleißige Briefeschreiberin. Im Herbst schrieb sie – auch in ihrer Funktion als Vorsitzende des Städtetages Schleswig-Holstein – an die Mitglieder des Bundestages, um die Ausbildungsabgabe zu stoppen. Grund: „Die Abgabe schwächt den Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Erfolgreich aber war das Stadtoberhaupt nicht. Die Abgabe kommt – und die Stadtverwaltung ist als größter Ausbildungsbetrieb Kiels besonders betroffen.
Nach einer Modellrechnung des Kieler Personaldezernenten Torsten Albig würde die Abgabe der Stadtverwaltung rund 800.000 Euro kosten – für Albig „absolut nicht hinnehmbar“.
Das Problem dabei ist, dass die Verwaltung zwar 245 Auszubildende beschäftigt, von denen aber 81 Beamtenanwärter sind. Und die werden bei der Berechnung der Abgabenhöhe nicht berücksichtigt. Sollte die Ausbildungsabgabe in ihrer jetzigen Form den Bundesrat passieren, will Albig Beamtenanwärter künftig als Angestellte einstellen. So könnten rund 300.000 Euro Abgabe gespart werden. Trotzdem bangt Albig: „Die Abgabe könnte künftig 40 Ausbildungsplätze kosten.“
Die Industrie- und Handelskammer in Kiel sieht das ähnlich. „Die Abgabe ist ein völlig falsches Signal für die Wirtschaft“, sagt Hans Joachim Beckers. Er hofft auf Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), die angedeutet hat, dass es für das nördlichste Bundesland eine „Ausnahmeregelung“ geben könnte. „Die Landesregierung sollte im Bundesrat gegen die Abgabe stimmen“, meint Beckers. Zumal Schleswig-Holstein das einzige Bundesland sei, in dem 2003 die Zahl der Lehrstellen stieg – um 0,5 Prozent.
„Das Argument des Stellenzuwachses ist absurd“, hält der Gewerkschaftsbund-Nord-Vize Ingo Schlüter dagegen. Zwar habe es einen Zuwachs gegeben, „aber auf 100 Bewerber kommen in Schleswig-Holstein nur 83 Stellen“, so Schlüter.
TIMM SCHRÖDER