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Archiv-Artikel

Willi Lemke bald „Superwissensminister“?

Kulturpolitik sucht eine neue Heimat: Nach dem Abgang von Senator Kuno Böse steht eine Umsiedlung der Kultur im Spektrum der Ressorts an. Die heißeste Adresse für die kulturpolitische Sprecherin der CDU, Sigrid Koestermann, ist das Ressort für Bildung und Wissenschaft von Willi Lemke

Koestermann: Man müsste Gelder vom Wirtschaftssenator umschichten Niedersachsens Kulturministerium lobt Kommunikation mit Lemke

Kultur ist schön, sie macht viel Arbeit und sie ist Verhandlungsmasse: Ab Montag beackern SPD und CDU in den Koalitionsverhandlungen die Frage, wer die Kultur in welchem Ressort unter seine Fittiche nimmt. Bislang war die Kultur zusammen mit Sport und Innerem verortet im Innenressort, das die CDU bei den Koalitionsverhandlungen nun wieder beansprucht.

Ob die Kultur in diesem Innenressort bleibt, ist jedoch äußerst ungewiss. Erstens ist für den Posten kein rechter Politiker in Sicht, nachdem der bisherige Innen- und Kultursenator Kuno Böse (CDU) Anfang der Woche seinen Abschied von der Bremer Politbühne verkündet hat (taz vom 27.5.). Zweitens steht der Ressortzuschnitt grundsätzlich zur Debatte. CDU-Landeschef Bernd Neumann, der die Kombination Inneres und Kultur in Bremen einst angeschoben hatte: „Da fragen sich viele, ob das so günstig ist.“

Nur: wenn nicht im Innenressort, wo dann? Denkbar sind drei Varianten: Die Kultur könnte dem Wirtschaftsressort zugeschlagen werden, das über sein Engagement etwa bei Musikfest und Glocke kulturpolitisch ohnehin längst lange Hebel zieht. Oder die Kultur wandert in die Senatskanzlei – zu Senatskanzlei-Chef Reinhard Hoffmann und ganz nah zu Kulturhauptstadt-Fan Henning Scherf. Oder aber die Kultur wird Teil von Willi Lemkes Ressort für Bildung und Wissenschaft – ein klassischer Ressortzuschnitt, wiederzufinden beispielsweise in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland. Annähernd decken würde sich ein Ressort für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit den Gepflogenheiten in Niedersachen, wo Lutz Stratmann (CDU) einem Ministerium für Wissenschaft und Kultur vorsteht.

Sigrid Koestermann, kulturpolitische Sprecherin der CDU, favorisiert die letzte Variante: „Wenn die Kultur abgetrennt wird vom Innensenator, dann würde sie am besten zum Bildungssenator passen.“ Und zwar mit einem Etat, in dem alle Gelder zusammengefasst sind, die für Kultur ausgegeben werden. Koestermann: „Man müsste die Gelder vom Wirtschaftssenator umschichten.“ Zur Forderung der Kulturszene, die SPD-Kulturpolitikerin Carmen Emigholz mit dem Posten der Kulturstaatsrätin zu betrauen, sagt Koestermann: „Dass Frau Emigholz das könnte, daran habe ich eigentlich keinen Zweifel.“ Das lässt aufhorchen: Derzeit hat das Amt der Kulturstaatsrätin die CDU-Frau Elisabeth Motschmann inne.

Carmen Emigholz, kulturpolitische Sprecherin der SPD, äußert sich zur Idee eines Ressorts für Bildung, Wissenschaft und Kultur zurückhaltend: „Alle Konstruktionen machen Sinn. Man muss abwarten, was die Verhandlungskommission entscheidet.“ Für Helga Trüpel (Grüne) kommt vor der Frage nach dem Ressortzuschnitt die nach der Sicherung des Kultur-Etats: „Ich halte ein Ressort Bildung, Wissenschaft, Kultur für denkbar. Diskutieren würde ich das allerdings nicht, ohne dass die Ressourcenfrage geklärt ist.“

Keine Stellungnahme zur Integration der Kultur in das Bildungsressort wollte am Mittwoch Bildungssenator Willi Lemke abgeben. Dafür gibt es Rückenwind aus Hannover: Thomas Philipp Reiter, Sprecher des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschenschaft und Kultur, berichtete von einer „guten Kommunikation“ zwischen Kultur- und Wisschenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) und Willi Lemke. Eine Arbeit als „‘Superwissensminister‘ würde man Lemke in Hannover durchaus zutrauen“, zumal dieser sich „sehr wohl bewusst“ sei, „dass die beiden Länder – und insbesondere das kleine Bremen – auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen sind.“ klaus irler