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Archiv-Artikel

Pfitze ist tot

Nach Bubi Scholz und Horst Buchholz stirbt mit Günter Pfitzmann ein weiteres Stück Westberlin

von ARNO FRANK

Den Sender Freies Berlin (SFB), mit dem er fast ein halbes Jahrhundert eng verbunden war, hat Günter Pfitzmann nur um einen knappen Monat überlebt: „Wenn ich morgen abkratze, ist das okay. Ich habe schließlich viel erleben dürfen“, hatte der 79-jährige Schauspieler mit den vier Bypässen unlängst erst räsoniert. Nach Bubi Scholz, Horst Buchholz und dem dementen Harald Juhnke trat gestern ein weiterer Charakter aus jener Riege ab, die gerne als „Original“ mit „Herz und Schnauze“ apostrophiert wurden – und bundesweit das Bild des typischen Westberliners prägten.

Auf den Leib geschrieben waren ihm schlitzohrig-humorige Rollen wie der Dr. Brockmann in „Praxis Bülowbogen“ oder der Wurstwarenwagenfahrer Otto in „Drei Damen vom Grill“. Tatsächlich hatte Pfitzmann weit mehr für das kulturelle Leben der Stadt geleistet, als nur den „Stützstrumpf des Vorabendprogramms“ (Knud Kohr) zu geben.

Zusammen mit Wolfgang Gruner, Achim Strietzel und Jo Herbst gründete er 1949 das Kabarett „Die Stachelschweine“, Talentschmiede ganzer Generationen von Kabarettisten.

Als Mitglied des Berliner Kabaretts „Die Dachluke“ lernte er Wolfgang Gruner, Achim Strietzel und Jo Herbst kennen, mit denen er 1949 das Kabarett „Die Stachelschweine“ gründete. Zu Hause war er unterdessen aber immer auch im ernsten Fach und spielte am Theater den Pylades in Goethes „Iphigenie auf Tauris“, den Karl Moor in Schillers „Die Räuber“ oder den Petrucchio in Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“.

Neben diversen Edgar-Wallace-Verfilmungen wirkte Pfitzmann, den eine schwere Kriegsverletzung an der angestrebten Karriere als Sportler gehindert hatte, auch an ambitionierten westdeutschen Antikriegsfilmen mit: „Die Brücke“ und „Hunde, wollt ihr ewig leben“ – wo er aus heutiger Sicht ähnlich deplatziert wirkt wie der junge Terence Hill in „Die Nibelungen“. Zu sehr wird seine übrige Arbeit von der Rolle seines Lebens überlagert: Pfitze, der „Volksschauspieler“, wo nicht gar der „Volksmensch“ (Jochen Schmidt) – so berlinerisch wie sonst nur noch Brigitte Mira und Harald Juhnke, mit dem er zuletzt 1998 in „Letzte Chance für Harry“ vor der Kamera stand – eine launige Walter-Matthau-Jack-Lemmon-Konstellation als Hommage an eine alte Freundschaft.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit erklärte gestern, niemand werde „die künstlerische Lücke füllen, die er hinterlässt“. In der Stadt der Lücken wird „Pfitze“ aber gewiss bald auf einer schönen Freifläche wieder auftauchen. Vielleicht zwischen zwei Currywurstbuden, vielleicht aus Bronze. Und das ist dann okay.