: Chefplaner eines Völkermords
Als der einstige UN-Kommandeur in Ruanda, Roméo Dallaire, vor dem UN-Völkermordtribunal in Arusha gegen Théoneste Bagosora aussagte, saß der mutmaßliche Drahtzieher des ruandischen Völkermords von 1994 in der ersten Reihe, ganz rechts außen. Dies, so Dallaire, sei genau die richtige Verortung des Obersts, der im April 1994 die Macht in Ruanda ergriff und die organisierte Ermordung aller Tutsi in die Wege leitete. „Handschlag mit dem Teufel“ hat Dallaire seine Ruanda-Memoiren getitelt, in Erinnerung an Basogora. Andere verglichen den Ruander mit Heinrich Himmler.
Bagosora kann auf eine lange militärische Karriere zurückblicken. Geboren 1941 im nordwestruandischen Distrikt Gisenyi, wurde er in den 60er-Jahren Soldat mit französischem Militärdiplom. 1992 wurde er Kabinettschef im Verteidigungsministerium und veranlasste, Listen von „Feinden“ des Regimes aufzustellen, die er als „Tutsi im Land, unzufriedene Hutu und mit Tutsi verheiratete Ausländer“ definierte. Zwei Jahre zuvor hatte die Tutsi-Rebellenbewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) begonnen, gegen Ruandas Hutu-Regierung zu kämpfen. Bagosora organisierte nach seinem formellen Ausscheiden aus der Armee 1993 die Bewaffnung von Hutu-Milizen und vertrat laut Augenzeugen die Meinung, man müsse Ruanda ins Chaos stürzen, um die „Feinde“ eliminieren zu können und ein für allemal Ruhe zu haben.
Am Abend des 6. April 1994 wurde das Flugzeug von Präsident Juvénal Habyarimana über Ruandas Hauptstadt Kigali abgeschossen, und binnen weniger Minuten schwärmten Armee und Milizen aus, um Tutsi zu töten. Wäre Habyarimana lebend gelandet, hätte er möglicherweise begonnen, ein Friedensabkommen mit der RPF umzusetzen. Nun war der Präsident tot, und ein triumphierender Bagosora trommelte noch in der Nacht die hohen Militärs und bekanntesten Hutu-Extremisten zusammen. Nachdem ihn die Botschaft Frankreichs zur Machtergreifung aufrief, organisierte Bagosora am nächsten Tag die Ermordung der rechtmäßigen Premierministerin Agathe Uwilingiyimana sowie zehn zu ihrem Schutz abgestellter belgischer UN-Soldaten, was die UNO – trotz sich ausbreitender Massaker – zum Truppenabzug veranlasste. Ruandas Militär unter Bagosora setzte eine neue Regierung ein, die drei Monate lang mordete, bis die RPF Ruanda eroberte.
Zwei Jahre lang lebte Bagosora in Kamerun, wurde aber 1996 festgenommen und an das UN-Tribunal ausgeliefert. Bis zuletzt leugnete er den Völkermord. Jetzt wird er den Rest seines Lebens hinter Gitter verbringen. DOMINIC JOHNSON
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