Nonstop verprügelt

Revisionismus, oder was? Thor Kunkel live und lesend

Stichwort: Nazipornos. Heute Abend liest Thor Kunkel aus „Endstufe“, dem Roman, der ein Geschenk für die deutschen Feuilletons war.

Jetzt ist er erschienen, und es ist mittlerweile der dritte eines Mannes, der seine musische Begabung schon im Kindesalter als Stigma empfand: „Ich wurde nonstop von Gleichaltrigen verprügelt“, diktierte er dem Spiegel in den Block. Jetzt kommen die Hiebe vor allem von unwesentlich Älteren.

So bewarf Wiglaf Droste ihn während einer Berliner Lesung mit dem Werk (589 Seiten, kartoniert, 24,90 Euro). Aber auch schon vor der Veröffentlichung gab’s Tumult. Überraschend hatte der Rowohlt-Verlag seinem Autoren im Januar gekündigt, Eichborn sicherte sich die Rechte und das Feuilleton räsonierte über die Causa Kunkel: In der taz befand Klaus Bittermann, Kunkel verharmlose die Nazis zu Pornoproduzenten. Im Spiegel bezeichnete Henryk M. Broder den Roman als „Revisionismus pur“. Und Bild fragte bang auf Seite 1: „Drehten die Nazis Pornofilme?“ und „Was wusste er? Hitlers Reichmarschall Hermann Göring“. Auschwitz, Weltkrieg und jetzt auch noch Pornos?

Kunkel sagt, es sei ihm wichtig, „das Dritte Reich unter dem Aspekt der Verführung und Verblendung zu sehen“. Die Pornografie schließlich sei die geeignete „Metapher, um das Phänomen des Dritten Reiches vollständig zu erfassen.“

Die Diskussion nach der Lesung wird von taz-Redakteur Benno Schirrmeister moderiert, der zuletzt vor 24 Jahren jemanden verprügelt haben will. rob

heute, 20.30 Uhr in der Schwankhalle, ☎ (0421) 700141