: Kulturpolitik jenseits des Sparkonzepts
Das „Forum Zukunft Kultur“, eine private Initiative von Kulturinteressierten, ist mehr als eine Kultur-APO. Schon die Namen der Mitglieder versprechen, dass es Kultursenator Flierl bald schwer haben könnte – aber auch leichter
Die Termini Kultur und Reformbedarf sind in Berlin mittlerweile synonym. Die geplante Opernstrukturreform aus dem Hause des Kultursenators ist dafür das jüngste Beispiel. Ebenfalls synonym sind die Begriffe Kultur und leere Kassen samt gleichzeitiger Bestandssicherung, welche nicht nur den Reformbedarf zu einer Notwendigkeit machen, sondern diesen zugleich auch blockieren. Bedroht doch die finanziell marode Lage der Stadt kulturelle Einrichtungen und Künstler in ihrer Existenz. Die Ankündigung des Finanzsenators, dem Berliner Ensemble (BE) oder der Schaubühne ab 2004 all ihre Subventionen streichen zu wollen, geht in diese Richtung.
Doch Rettung ist in Sicht, den paradoxen gordischen Knoten von Reformbedarf- und blockade zu durchhauen. Das „Forum Zukunft Kultur“, eine Gruppe von rund 30 Kulturschaffenden und -interessierten, die sich vor rund einem Jahr konstituiert hat, will nun mit innovativen Ideen und Konzepten die festgefahrene Kulturmetropole wieder in Bewegung bringen. „Radikalität“, das „Unmögliche“ denken oder das „Aufbrechen“ veralteter Strukturen gehören zum Vokabular der Gruppe, die sich und ihr Anliegen am Montag vorgestellt hat. Sprachgewaltig gab man sich zum einen, zum anderen auch gut sortiert, gehört doch fast alles, was kulturellen Rang und Namen hat, zur Mannschaft – von Ulrich Eckhardt über Wolf Lepenies, Nele Hertling und Ivan Nagel bis hin zu Volker Hassemer, Exsenator und Initiator des Forums.
Der gab auch die Richtung an: „Ohne Auftrag, ohne Zuständigkeit, aus der Überzeugung heraus, dass eine radikale Umwälzung der Rahmenbedingungen Mitdenken und Einsatz aller erfordert“, wie er sagte, hört sich zwar an wie außerparlamentarische Kulturopposition. Ist es aber nicht, sondern eine gute Idee, mit allen Akteuren – von den Künstlern über die Politik und die privaten Geldgeber bis hin zu den Tarifpartnern – die festgefahrenen Strukturen und Verhältnisse der Berliner Kultur auf den Prüfstand heben zu wollen und die Ergebnisse in den kommenden Runden der Politik quasi kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Konkret will sich das „Forum Zukunft Kultur“ – ähnlich wie das von Hassemer in den Neunzigerjahren geleitete Stadtforum zur Stadtentwicklung nach dem Fall der Mauer – in den kommenden Wochen mit Themen und Modellen zur privaten Beteiligungs- und Förderstruktur, zur zukünftigen Rolle der öffentlichen Hand bei der Kulturförderung, der Verpflichtung des Bundes und der Struktur der in Berlin bestehenden Kulturmittelverteilung beschäftigen.
Schon am vergangenen Wochenende hatte das Forum Kultur zu einer ersten großen Runde geladen, darunter den Kultursenator Thomas Flierl (PSD). Dem wurde der „strategische Prozess zur Fortentwicklung und Beeinflussung des Kulturlebens“ in dem zweitägigen Workshop vorexerziert. Zukunftskonzept für die Kultur statt Sparkonzept, hieß die Devise.
Der Thinktank für die hauptstädtische Kultur 2010 sieht die Kultur als harten Wirtschaftsfaktor und wesentliche Ressource in Berlin. Der Senator wird das gern gehört haben. Es hat ihm vielleicht den Verdruss darüber genommen, dass er selbst einst ein solchen Forum ins Leben rufen wollte. Er und seine Staatssekretärin es aber nicht geschafft haben. ROLA