frisches flimmern
: Zwischen Wahrheit und Fiktion

Ob Horrorfilm, Märchenfilm oder Historienfilm. Oft vermischen sich Wahrheit und Fiktion. Diese Filme erzählen Geschichten, die auf realen Begebenheiten basieren.

Anglerlatein

Haarige Zirkusdirektoren, glasäugige Hexen und poetische Bankräuber bevölkern die Leinwand. Mit seinem Kinomärchen „Big Fish“ kehrt Tim Burton in sein eigenes phantastisches Filmuniversum zurück. Will Bloom (Billy Crudup) ist mit seinem Vater Edward (Albert Finney) zerstritten. Zeitlebens nervte der den Sohn mit sagenhaften Anekdoten aus seinem Leben: Angeblich verließ er als junger Mann (Ewan McGregor) gemeinsam mit einem Riesen seine Heimatstadt und kämpfte in einem magischen Wald gegen Fabelwesen und bösartige Bäume, lebte mit einem Werwolf im Zirkus und verbrachte eine ganze Nacht auf dem Grund eines Sees. Jetzt liegt der Vater im Sterben und Will möchte sich versöhnen. Hinter den wundersamen Berichten vermutet er ein geschickt getarntes Doppelleben und entschließt sich, eine der realen Personen zu befragen. Dabei entdeckt er die unverzerrten wahren Versionen und begreift, dass Realität ein dehnbarer Begriff sein kann.

Der Film basiert auf der gleichnamigen Romanvorlage von Daniel Wallace. In seinem Buch verarbeitete der Autor Erinnerungen an den eigenen Vater. Tim Burtons Kinomärchen ist eine Ode an die Magie des Geschichtenerzählens.

Auffallend oft heißen die Hauptfiguren in Burtons persönlichsten Filmen immer Ed. Neben „Edward mit den Scherenhänden“ und „Ed Wood“ ist es diesmal Edward Bloom, der im Film sogar roboterähnliche Metallhände verkauft.

Kaffeekränzchen

Geschichtliche Exaktheit ist im Historienfilm nicht zwingend erforderlich. Auch Dominique de Rivaz nutzt in ihrem Spielfilmdebüt „Mein Name ist Bach“ diesen erzählerischen Freiraum. Eine kurze, überlieferte Begegnung zwischen dem jungen Preußenkönig Friedrich II. und dem alternden Komponistenstar Johann Sebastian Bach benutzt die schweizer Filmemacherin als Aufhänger für ihr barockes Doppelportrait.

Im Jahre 1747 reist Bach (Vadim Glowna) nach Potsdam, um seinen Sohn Carl Emanuel (Paul Herwig) zu besuchen, der als Musiker am Hofe Friedrich des Großen (Jürgen Vogel) angestellt ist. Bei seiner Ankunft wird der geniale Komponist sogleich zum König gerufen. Aus einer kurzen Melodie, die der talentierte Monarch verfasst hat, soll er eine sechsstimmige Fuge komponieren. Bach lehnt ab, arbeitet trotzdem am erteilten Auftrag. Im Verlauf des einwöchigen Besuches entbrennt eine Auseinandersetzung zwischen den eigensinnigen Genies um die weitere Komposition.

Es entsteht das „Musicalische Opfer“, Bachs vorletztes Werk. Ursprünglich von de Rivaz als Dokumentarfilm geplant, wurde die zwiespältige Vater-Sohn-Beziehung mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet.

STEFAN ORTMANN