: Das große Sonderangebot
Die ersten Schätzungen, was die siebenjährige Leihgabe der Flick-Sammlung die Stiftung Preußischer Kulturbesitz kosten wird, kursieren
Glücklicherweise wird Berliner Kulturpolitik nicht nur in Berlin gemacht. Besonderes Glück genießt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der die Staatlichen Museen gehören. Denn zum Unterhalt der Stiftung tragen auch die anderen Bundesländer bei. Manchmal will einer aus Bayern oder Hessen darüber dann doch Genaueres wissen. Der bayerische CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis etwa, kein Freund libertinärer Lebensführung, hat nachgerechnet, was denn die vermeintlich großzügige Leihgabe der Sammlung Flick die Museen kosten wird, und seine Rechnung der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit gesteckt. Und die hat weiterrecheriert.
Rund 1,5 Millionen, liest man nun, kostet allein die Auftaktschau im Herbst. Weil sie in einer Halle nächst dem Hamburger Bahnhof, Berlins Museum für Gegenwartskunst, gezeigt wird, muss für knapp 1 Million Euro eine Brücke zwischen den Gebäuden her. Jede weitere der geplanten sieben Wechselausstellungen der Flick Collection wird mit 400.000 Euro veranschlagt. Das summiert sich auf rund 6 Millionen Euro, die die Stiftung schlicht nicht hat. Renovierungsmaßnahmen bei anderen Häusern müssen warten, der Sonderausstellungsetat dient allein der Präsentation der Sammlung Flick. Es wird in Berlin nicht mehr viel zu sehen sein – außer der Flick Collection; ach ja, und den Sammlungen Newton und Scharf.
Die Staatlichen Museen sammeln nicht, sie lassen sammeln. Angeblich kostet das so gut wie nichts. Aber manchmal rechnet eben einer nach. Natürlich hat auch die Stiftung eine Rechnung parat, nach der wird Flick den Museen 750.000 Euro Mehreinnahmen jährlich bescheren. Warum aber beschert dann die Sammlung Marx im Hamburger Bahnhof keine Mehreinnahmen?
Nun steuert auch Friedrich Christian Flick 7,5 Millionen Euro für den Ausbau der Rieck-Halle bei. Dass der Schweizer Steuerbürger Flick sogar etwas mehr berappt als der gemeine deutsche Steuerzahler, könnte als ausgewogene Bilanz gelten. Doch das ist sie nicht. Ein Museum in Zürich, wie ursprünglich geplant, hätte Flick rund 20 Millionen Euro gekostet, plus Betriebskosten. In Berlin bekommt er wesentlich billiger, was er mit der Veröffentlichung seiner Sammlung auch bezweckt: ihre deutliche Wertsteigerung. Und davon hat nur er etwas. Eine spätere Schenkung, das hat Friedrich Christian Flick immer wieder unmissverständlich deutlich gemacht, komme nicht in Frage.
Neben der materiellen Wertsteigerung darf er auch mit einem ideellen Zugewinn rechnen. Der Familienname, durch den Großvater Friedrich Flick, Hitlers größten Waffenlieferanten, belastet, wird nun positiv mit Mäzenen verbunden. Zwar gäbe es für Flick auch die Möglichkeit, dem Namen über die Aufarbeitung der Familiengeschichte einen besseren Klang zu geben. Eingeladen dazu hat ihn der „Förderverein Dokumentation Zwangsarbeiter. Gesellschaft für aktive Bürgerbeteiligung“, der die Zwangsarbeit unter dem Naziregime am zentralen Beispiel Friedrich Flicks für eine Ausstellung aufarbeitet. Doch bislang soll Flick darauf nicht reagiert haben. BRIGITTE WERNEBURG