: Vollblutdiplomat und unabhängiger Geist
Der neue spanische Außenminister Miguel Ángel Moratinos steht für eine grundsätzliche Änderung der Politik
Spaniens künftiger Regierungschef, der Sozialist José Luis Zapatero, setzt auf die Außenpolitik. Nach mehreren konservativen MinisterInnen mit einem sehr schwachen Profil beruft er Miguel Ángel Moratinos zum Außenminister. Mit dem 53-Jährigen wird wieder ein auf dem internationalen Parkett erprobter Diplomat in den Palacio de Santa Cruz, den Ministeriumspalast im Herzen Madrids, einziehen.
Der in der spanischen Hauptstadt geborene Moratinos studierte Jura und Politikwissenschaften und absolvierte die Diplomatenschule. Der Sohn einer gutbürgerlichen Familie arbeitete während der Regierungszeit der Sozialisten in Jugoslawien und in Marokko. Danach betreute er als Generaldirektor für den diplomatischen Dienst Nordafrika. Von dort stieg der Vater dreier Kinder zum Direktor des Institutes für die Zusammenarbeit mit der arabischen Welt auf. Von 1993 bis 1996 arbeitete er als Generaldirektor für Afrika und den Mittleren Osten im Außenministerium.
Die Beamten haben gute Erinnerungen an den stets freundlichen Mann. Egal wie flüchtig er einen Gesprächspartner kennen lernte, auch Jahre später hatte er auf Anhieb seinen Namen parat. Nur ein Thema kann Moratinos aus der Ruhe bringen: Fußball. Er ist Anhänger des proletarischen Atlético de Madrid.
Nach der Abwahl seines sozialistischen Dienstherrn, Felipe González, wurde Moratinos zum Botschafter in Israel ernannt. Doch schon bald berief die EU ihn zum Sondergesandten für den Friedensprozess im Nahen Osten. Dort verdiente sich Moratinos das Vertrauen aller am Konflikt Beteiligten. So vermittelte er erste Kontakte zwischen dem damaligen israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und der syrischen Regierung. Wenn klare Worte gefordert warem, sprach er sie aus. Der Spanier handelte den jüngsten Friedensplan, die Roadmap, mit aus. Aus dieser Zeit rührt das gute Verhältnis her, das er zum US-amerikanischen Außenminister Colin Powell hat.
Moratinos ist ein unabhängiger Geist. Zwar sympathisierte der gläubige Katholik schon länger mit der sozialistischen PSOE. Doch rang er sich erst im Jahr 2000 dazu durch, Parteimitglied zu werden. Ämter hatte er nicht inne. Bis dann Zapatero auf der Suche nach neuen Gesichtern auf den Diplomaten stieß. Er berief ihn kurz vor Beginn des Wahlkampfs in das Expertenteam, das ihn beriet. Zwischen den beiden entwickelte sich eine Freundschaft. Als die sozialistische PSOE überraschend die Wahlen vom 14. März gewann, war der Weg Moratinos ins Ministerium vorgezeichnet.
Moratinos wird das Ruder der spanischen Diplomatie um 180 Grad herumreißen. Anders als seine konservativen Vorgänger möchte er zu den USA auf kritischen Abstand gehen. Die Soldaten sollen aus dem Irak zurückgeholt werden. Gleichzeitig will sich Spanien wieder an die Kerngruppe der EU annähern. Der erste Schritt: Die EU-Verfassung soll nicht weiter blockiert werden. REINER WANDLER