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Archiv-Artikel

Osterfußball der Zurückkommer

Rot-Weiß Essen besiegt Wuppertal mit 5:2. Doch nach dem großartigen Regionalliga-Spitzenspiel hält sich RWE-Trainer Gelsdorf mit Lob zurück, während WSV-Coach Kreß optimistisch bleibt

Essens Fans kannten nur zwei Hassgesänge: „Wuppertal asozial!“, „Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot!“

AUS ESSENMARTIN TEIGELER

Verlierer sehen anders aus. Als Wuppertals Trainer Georg Kreß nach Spielende das enge Presse-Kabuff an der Essener Hafenstraße betrat, machte er ein freundliches Gesicht und grüßte leutselig in die Runde. Rot-Weiß Essens Coach Jürgen Gelsdorf sah nach dem 5:2-Sieg seiner Mannschaft eher wie ein Loser aus. Mit heiserer Stimme nahm er das Spiel seiner Elf auseinander. Gelsdorf lobte seine Elf nur kurz, lamentierte dann über eine falsche Schiedsrichterentscheidung und fehlende Coolness seiner Spieler. „Es ist ganz eng in dieser Liga“, konnte sich Gelsdorf kaum über den gefestigten zweiten Tabellenrang freuen. Kreß trank derweil ein Heißgetränk, zwinkerte Bekannten zu und ließ sich überhaupt nicht die gute Verliererlaune verderben.

Georg Kreß hatte durchaus Grund dazu, sich auch nach der fünften Saisonniederlage seine aufgeräumte Gemütslage zu bewahren. Wuppertal bleibt Tabellenführer der Regionalliga Nord und hat weiterhin allerbeste Chancen, zehn Jahre nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga in die lang vermisste Profiliga zurückzukehren. Auch die Spielweise des Spitzenreiters machte am Ostersamstag gute Laune. Vor offiziell 17.335 Zuschauern im Georg-Melches-Stadion zeigten beide Teams großartigen Drittliga-Fußball. Essen rannte die Gäste mit regengestütztem Angriffsfußball nieder. Ohne ästhetische Ansprüche spielte RWE zügig, strafraumorientiert – und erfolgreich. Der WSV hingegen gab trotz früher, schmerzvoller Gegentore nicht auf, erzielte fast ohne Torchancen zwei wunderschöne Treffer und verpasste wegen eines missratenen Foulelfmeters noch eine spannende Schlussphase.

Seit Jahren hat Essen den Ruf, hässlichen Fußball zu spielen. Und schön waren sie auch am Samstag nicht, die groben Schläge von Bjarne Goldbaek und die staksigen Strafraumdrehungen von Sebastian Schoof. Doch angetrieben von fanatischen Anhängern (deren Gesangsrepertoire wenig mehr als zwei Schmährufe über die bergischen Gäste beinhaltete: „Wuppertal asozial!“, „Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot!“) schaffte RWE nach 23 Minuten die Führung. WSV verlor im Angriff den Ball. Essens gedankenschneller Offensivspieler Benjamin Köhler passte in den Strafraum zum Torschützen Erwin Koen. Minuten später propften die Rot-Weißen durch Goldbaeks flachen Stoß von der Strafraumgrenze ein weiteres Tor ein – und bescherten den beglückten Heimfans eine feuchtfröhliche Halbzeitpause.

Wuppertals Trainer Kreß hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen seiner wichtigsten Spieler ausgetauscht. Der schnell mit einer gelben Karte vorgewarnte Kreativkicker Jean-Louis Tavarez hatte nicht mitgemacht beim fein austarierten Defensiv-Netzwerk der Gäste, worauf ihn Kreß bereits nach 40 Minuten vom Platz nahm: „Das war nicht sein Tag, darum habe ich mir das nicht lang angeschaut.“ Doch Tavarez war nicht der einzige Wuppertaler, der an diesem Tag enttäuschte. Abwehrspieler Karsten Baumann hatte schon beim 2:0 schlecht verteidigt. Nach einer knappen Stunde patzte der Ex-Bundesligaprofi dann vollends und lenkte eine Essener Flanke ins eigene Tor. Wuppertal aber kam nach dieser Vorentscheidung noch zweimal zurück. Doch die WSV-Tore von Ebersbach und Bayertz waren nur Vorläufer der schönen Essener Fortsetzungs-Treffer durch Bilgin und Koen.

„Wir haben in keiner Phase zu dem gefunden, was uns sonst auszeichnet: das Anrennen, die Organisation“, machte Verlierer Kreß anschließend die Tagesform für die 2:5-Niederlage verantwortlich. „Aber meine Mannschaft ist in der zweiten Halbzeit wiedergekommen“, redete der junge Trainer den WSV stark. Und wiederkommen, zurückkommen in die 2. Bundesliga, das wollen am Saisonende beide Traditionsvereine. RWE-Trainer Gelsdorf wünschte „dem Georg“ und seiner Elf bei der Verabschiedung denn auch viel Glück und verteilte sogar noch ein für seine Verhältnisse überschwängliches Lob: „Regionalligamäßig war das ein sehr gutes Spiel.“