: Der Geist des Schatzes
Kurzeweile auf N3: Pellworms Wattführer sucht sich aus dem Schlick die Reste versunkener Siedlungen zusammen
Hamburg taz ■ Hellmut Bahnsen scheint sich vor nichts zu gruseln. Der Wattführer von Pellworm, den das NDR-Fernsehen heute Abend porträtiert, hat ein Faible für die Trümmer untergegangener Siedlungen – und schreckt dabei auch vor den Überresten ihrer Bewohner nicht zurück. In seinem kleinen Heimatmuseum bewahrt er einen Schädel auf, der der „Frau im roten Rock“ gehört haben soll, die seit 400 Jahren im Watt herumgeistert und ihren versunkenen Schatz bewacht. Bahnsen legt die Legende zu seinen Gunsten aus: Die Frau im roten Rock enthüllt ihm ihren Schatz – Fragment für Fragment, die er in geduldiger Puzzle-Arbeit zu Tontöpfen, Ofenkacheln und Fayencen zusammensetzt. Sein Museum ist voll davon.
Bahnsens Hobby verleiht seinen Wattführungen den besonderen Kick, von dem sich viele Touristen in Bann schlagen lassen. So mancher Feriengast, haben die ehemaligen taz-Redakteurinnen Gabi Haas und Ute Jurkovics recherchiert, komme nur deshalb auf die Insel, um mit Bahnsen auf Schatzsuche zu gehen. In Gummistiefeln und Gore-Tex-Jacken stapfen sie hinter ihm drein und lassen sich zeigen, wo einmal die Siedlungen Buphever und Südersiel standen, bis sie von der schweren Sturmflut in der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1634 verschlungen wurden. Nicht nur Knochen, Werkzeugteile und Scherben sind dort zu finden. Das Meer spülte auch Strukturen frei, wie etwa eine Zisterne oder das Grab der Frau im roten Rock.
Haas und Jurkovics folgen Bahnsen auf einer Führung, und zwischendrin erzählen sie vom einfachen Leben auf Nordfrieslands kleinster Insel – vom Pokalschießen im Schützenverein, davon wie Ex-Deichbauer Bahnsen den Nationalpark-Ranger davon überzeugen will, dass das Vorland um 20 Zentimeter erhöht werden müsste und davon, wie er seiner Frau ein Geburtstagsgeschenk aussucht: Im Inselladen verlangt er einen Anorak. Bis auf die Farbe sind sie alle gleich – warm und praktisch. Nur der grüne kommt nicht in Frage, der sieht Bahnsen zu sehr nach Naturschutz aus.
All das erzählen die Autorinnen in einer kurzweiligen halben Stunde, selten unnötig dramatisierend, „dem kleinen Abenteuer, wie man‘s hier an der Küste eben hat“ (Bahnsen) angemessen. Gernot Knödler
N3, heute Abend, 21.45 Uhr