: Der 1. Mai beginnt schon Mitte April
Mit einem Festbankett am Hermannplatz läuten Linksradikale heute den Countdown zum 1. Mai ein. In den nächsten zwei Wochen sollen weitere kreative Aktionen folgen – unter anderem ein Gratisbesuch der MoMA-Ausstellung
Die ersten Mai-Steine sollen schon heute fliegen. Am Hermannplatz. Knallen wird es auch. Sektkorken. Drei Wochen vor dem eigentlichen Termin wollen die Veranstalter der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration auf den alljährlichen Kampftag der Linken einschwören, der zumindest in den letzten 17 Jahren stets in mehr oder minder brutalen Straßenschlachten in Kreuzberg mündete. Und zwar mit einem öffentlichen Festbankett.
„Mai-Steine“ nennen sie ihre Aktionsreihe. Und übertitelt mit „Der Countdown läuft …“ haben sie ein Programm mit gut einem Dutzend Aktionen zusammengestellt. Die Veranstalter, das ist im wesentlichen ACT, ein linksradikales Bündnis, an der auch die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) beteiligt ist, verantwortlich für eine der revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen im vergangenen Jahr.
Die Anspielung auf Pflastersteine ist unverkennbar, sind im Aufruf doch die unterschiedlichen Formen dieses Straßengeschosses abgebildet. Doch schon die Auftaktaktion heute um 15 Uhr am Hermannplatz entspricht so gar nicht dem Bild des schwarz vermummten Straßenkämpfers in Wurfstellung. Mit „edlem Festbankett für sozialen Widerstand“ und „futtern, bis der enger geschnallte Gürtel platzt“ werben die Veranstalter für diese Aktion. Auch die Plakatästhetik entspricht nicht dem sonst in diesem Spektrum üblichen realsozialistischen Pathos der 1920er-Jahre: Ein kleines Kind mit Hängetasche steht im Kreise fein angezogener Damen und Herren und diskutiert über Sozialabbau.
Auch ihr Faible für Kunst haben die in Boulevardzeitungen als „Chaoten“ bezeichneten Veranstalter für sich entdeckt. „MoMA umsonst“ heißt eine weitere Aktion, die sich laut Aufruf „nicht gegen die Neue Nationalgalerie richtet, sondern gegen ein System, in dem Kunst wie so vieles andere auch nicht für alle zugänglich ist“. Am gleichen Tag ist ein Sektempfang für BVG-Schwarzfahrer vorgesehen, und eine Woche später soll es eine Tour durch Berliner Luxushotels geben, wo unter anderem Bewegungsprofessor Peter Grottian einen Vortrag zum Berliner Bankenskandal zum Besten geben soll.
Je näher aber der Termin rückt, desto mehr nehmen die Mai-Stein-Aktionen den Charakter an, den die Allgemeinheit vom Revolutionären 1. Mai gewohnt ist. „Rock auf der Straße“ im Mauerpark am Abend zuvor und „Nazi-Aufmarsch verhindern“ am Tag selbst – das klingt doch sehr vertraut. FELIX LEE