: „Es gibt keine Koexistenz mit Gentech“
Felix Prinz zu Löwenstein, Chef des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, warnt vor der grünen Gentechnik: Wenn der Anbau beginnt, gebe es keinen wirksamen Schutz vor Kontamination. Auch konventionelle Bauern seien gegen Genpflanzen
INTERVIEW BERNHARD PÖTTER
taz: Herr Löwenstein, die Ökologische Lebensmittelwirtschaft wirbt bei der Frage der Gentechnik mit dem Slogan: „Wir bleiben sauber“. Wie lange können Sie das noch versprechen?
Felix Prinz zu Löwenstein: Wir bleiben auch in Zukunft sauber, weil wir keine gentechnisch veränderten Organismen anwenden werden. Aber wenn die grüne Gentechnik Einzug hält, ist es unrealistisch zu denken, wir könnten uns vor jeder Kontamination schützen. Wir können uns ja auch nicht vor jeder Kontamination durch Pflanzenschutzmittel schützen.
Warum ist Ihre Angst so groß? Bisher gibt es doch nur kleine Versuchsflächen in Deutschland.
Die Gefahr besteht in dem, was kommen kann, In den USA und Kanada, wo Gentechnik sehr verbreitet ist, wurden in drei Viertel der nicht gentechnisch veränderten Sorten Mais, Soja und Baumwolle und in allen Rapssorten Spuren von Gentechnik gefunden. Das Problem bei der Gentechnik ist, dass sie nicht eingrenzbar oder rückholbar ist.
Werden wir amerikanische Zustände bekommen?
Der wesentliche Unterschied ist, dass wir hier ab kommenden Sonntag eine Kennzeichnungsverordnung haben. Die ermöglicht dem Konsumenten eine Entscheidung. Deshalb gibt es schon eine Chance, dass uns das vom Hals bleibt.
Sie sagen, Ihre ganze Branche ist bedroht. Ist das Arbeiten ohne Gentech nicht eher ein Wettbewerbsvorteil für Sie?
Das glaube ich nicht. Auch eine große Mehrheit der konventionellen Lebensmittelwirtschaft will ohne Gentech auskommen. Wir wehren uns dagegen, dieses Thema zu einem Thema des Ökolandbaus zu machen. In allen gentechnikfreien Zonen sind auch die konventionellen Bauern mit im Boot.
Was ändert sich für Sie, wenn die grüne Gentech kommt?
Wir werden nicht aufgeben. Aber wenn Gentech angebaut wird, wird es für die entsprechenden Pflanzenarten keine Landwirtschaft ohne Gentechnik mehr geben. Es gibt keine Koexistenz zwischen Gentech und gentech-freier Landwirtschaft, die eine Nullkontamination garantiert. Der Verbraucher muss wissen, dass er ab Sonntag die Chance hat, dagegen zu wirken. Und wir brauchen eine gesetzliche Regelung im Gentechnikgesetz.
Können Sie mit dem Entwurf von Frau Künast leben?
Da gibt es auch Punkte, über die man intensiver sprechen muss. Aber im Vergleich zur Union ist er sehr positiv.
Warum?
Es ist absurd, dass die Union für das Verhalten der Bauern keine eigenen Regeln vorsieht. Mähdrescher fahren von Betrieb zu Betrieb. Die Frage, ob mein Gentech-anbauender Nachbar den Mähdrescher reinigen muss oder ob ich das machen muss, macht einen riesigen Kostenunterschied. Wer zahlt das? Was die Union vorschlägt, läuft darauf hinaus, dass die Kosten bei denen landen, die Gentechnik vermeiden wollen.
Die Union glaubt, dass Auskreuzungen verhinderbar sind.
Wenn das wahr wäre, warum weigert sich dann die Versicherungswirtschaft, diese Risiken zu versichern? Warum macht man ein solchen Aufstand darüber, die Haftung denen aufzuerlegen, die Gentechnik anbauen wollen? Warum soll der Steuerzahler das tragen? Da ist doch ein riesiger Widerspruch.