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Archiv-Artikel

Arbeitsauftrag „Giftliste“

Sparen per Rasenmäher oder per Schwerpunkt-Setzung? Seit gestern tagt eine Arbeitsgruppe, um die Einsparpotenziale im Kulturbereich zu eruieren. Die Ergebnisse sind Grundlage der Koalitionsverhandlungen

Von kli

„Uns liegen umfangreiche Giftlisten vor“ sagte SPD Landeschef Detlev Albers Anfang der Woche zum Thema „Sparen“ – dem großen Thema bei den derzeitigen Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU. Um jeweils fünf Prozent sollen die laufenden Ausgaben des Landes Bremen in den Jahren 2004 und 2005 gekürzt werden, das Sparvorhaben betrifft alle Ressorts. Im Kulturbereich könnten damit die Ausgestaltung der oft in Aussicht gestellten und nie realisierten „Kontrakte“ zur Debatte stehen. Für die Kulturinstitutionen würden der Abschluss der „Kontrakte“ die lang ersehnte rechtsverbindliche Zusicherung der Zuschüsse bedeuten.

Gestern tagte erstmals eine Arbeitsgruppe für den Kulturbereich mit dem Arbeitsauftrag „Gitftliste“. Grundsätzlich muss die Arbeitsgruppe klären, ob der Sparbeitrag der Kultur nach dem Rasenmäherprinzip oder durch gezielte Einzelvorschläge zusammenkommen soll. „Rasenmäher“ hieße: Alle konsumtiven Kultur-Ausgaben wie Personal- und Projektmittel gleichermaßen kürzen. Alternativ dazu ließen sich Schwerpunkt im Kürzungsszenario setzten, und das würde bedeuten: Einzelne Posten im Kulturetat trifft es richtig hart, damit andere mehr oder weniger ungeschoren davon kommen können.

Zum Stand der Überlegungen war nach der gestrigen Sitzung nichts zu erfahren. Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann (CDU) „kann darüber beim besten Willen nichts sagen“ und Sigrid Koestermann, die kulturpolitische Sprecherin der CDU, erklärte: „Wir sind noch nicht fertig mit Denken.“ Neben Motschmann und Koestermann sind beteiligt: Die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz (SPD), der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jens Eckhoff, und SPD-Chef Detlev Albers. Am Dienstag wird die Arbeitsgruppe der Verhandlungskomission ein Papier zur konkreten Beschlussfassung vorlegen.

Kein Kandidat für die Giftliste scheint Bremens Kulturhauptstadt-Bewerbung zu sein: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bewerbung bei den Koalitionsverhandlungen gekippt wird“ sagte der scheidende Kultursenator Kuno Böse (CDU) Anfang der Woche. Und auch Martin Heller, der erst Mitte März berufene Intendant der Bewerbung, sagte bei einem Treffen der Kulturinitiative „Anstoß“, ihm seien keine Überlegungen bekannt, das Bewerbungsvorhaben zu revidieren.

Nach wie vor gänzlich ungeklärt aber ist die Frage, in welchem Ressort die Kultur nach dem Abgang von Kultur-, Innen- und Sportsenator Kuno Böse angesiedelt wird. Der Kulturrat, ein Netzwerk Bremer Kultureinrichtungen, bezeichnete gestern die Überlegung, das Kulturressort der Senatskanzlei zuzuschlagen, als „Desorientierung. Die Idee des ‚Andockens‘ an das Rathaus weckt die Befürchtung, dass mit der Bewerbung zur ‚Kulturhauptstadt 2010‘ Kulturförderung als Stadtmarketing oder Schmuck verstanden wird.“

Mit dieser Einschätzung spricht der Kulturrat keineswegs für die gesamte Szene. Zu hören sind die konträrsten Vorstellungen. Galeristin Katrin Rabus: „Im Rathaus sind wir am besten aufgehoben. Wenn der Senat eine große Rolle spielen würde, hätten wir auch bei der Kulturhauptstadts-Bewerbung große Chancen.“ kli