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Archiv-Artikel

Bonn war am Wochenende fest in Frauenhand

Die Organisatorinnen der 1. Internationalen Frauenmesse können mit ihrem Debüt auf dem Bonner Münsterplatz zufrieden sein. Teilnehmerinnen aus aller Welt stellten Projekte vor, Hilfsvereine verteilten Infomaterial und ermutigten Besucher, sich zu engagieren. Musikgruppen sorgten für Stimmung

Von Katharina Klöcker

„Als ich hier reingekommen bin“, sagte NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn, „dachte ich: Wow! Was machen die Frauen in Bonn? Klasse ist das.“ Ob des Lobes, das die grüne Ministerin vom Podium austeilte, strahlten die Gesichter der Veranstalterinnen der 1. Internationalen Frauenmesse in Bonn mit der Sonne um die Wette.

Auch Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann zeigte sich beeindruckt davon, „zu was Bonner Frauen in der Lage sind“. Am Samstagabend endete die 1. Internationale Frauenmesse – und die Organisatorinnen vom Internationalen Frauenzentrum (IFZ), dem Marie-Schlei-Verein und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen in NRW können zufrieden sein mit ihrem Debüt auf dem Bonner Münsterplatz, der zwei Tage lang fest in Frauenhand war.

Die Stimmung im 600 Quadratmeter großen, dicht mit Messeständen belegten Zelt schwappt am Samstagvormittag endgültig in die Bonner City hinein, als die iranische Frauenband Maryam Akhondy & Banu mit orientalischen Rhythmen und bissigen Kommentaren für Begeisterung sorgt und die Zuhörer zum Mitsingen animiert. Die Tore des Zeltes auf dem Münsterplatz stehen weit offen, zahlreiche Stadtbummler wagen einen neugierigen Blick.

Das Publikum ist das, was immer noch zum Markenzeichen Bonns gehört: Multikulti. Auch die Podiumsteilnehmerinnen kommen aus aller Welt, stellen Frauenprojekte aus Jamaica, Guinea, Tansania oder Honduras vor. Hilfsorganisationen an den Messeständen geben mit Videovorführungen, an Stellwänden und im persönlichen Gespräch Einblicke in die jeweilige Projektarbeit.

So zum Beispiel am Stand der Andheri-Hilfe aus Bonn, die in 450 Projekten in Indien und Bangladesch Frauen, Waisenkindern, Blinden, Behinderten und Leprakranken neue Lebensperspektiven eröffnet. Dort sitzt die 72-jährige Gertrud Kempf über einer Handarbeit gebeugt. Mit einer gebogenen dicken Nadel näht sie eine Ledersohle an einen von ihr geflochtenen Schwarzwälder Strohschuh.

In Offenburg nennt man Gertrud Kempf die „Strohfrau“, und mit „Stroh in den Händen, aber nicht im Kopf“ habe sie etwas gewagt, erzählt sie. Zum ersten Mal in ihrem Leben sei sie geflogen, und zwar nach Bangladesch, um Frauen vor Ort die alte traditionsreiche Technik der Herstellung von Strohschuhen beizubringen.

Die Frauen würden nun begeistert Schwarzwälder Strohschuhe „made in Bangladesch“ aus Jute anfertigen, und der Erlös der rund 700 verkauften Schuhe pro Jahr fließe in die Heilung von Erblindeten der Andheri-Hilfe, die bislang mehr als einer Million Menschen in Indien und Bangladesch durch die Finanzierung von Staroperationen das Augenlicht zurückgegeben habe.

Auch an vielen anderen Ständen können sich Besucherinnen und Besucher ein konkretes Bild der Projektarbeit machen und sich Anregungen für die Möglichkeiten eigenen Engagements holen. Zwei 23-jährige Studentinnen stopfen ihr ergattertes Infomaterial gerade in die Tasche. Die eine findet vor allem die Kinderprojekte interessant und könnte sich vorstellen, sich bei einem solchen auch mal zu engagieren. Die andere hat sich Material über Studiermöglichkeiten im Ausland besorgt.

In den Podiumsdiskussionen stellen Frauen erfolgreiche Projektarbeit, aber auch deren Schwierigkeiten in so genannten Dritte-Welt-Ländern vor, vom Aids-Hilfe-Projekt in Tansania bis hin zum Rechtshilfeprojekt für inhaftierte Frauen aus Afghanistan von medica mondiale. Die spezielle Rolle von Frauen in bewaffneten Konflikten, in denen sexuelle Gewalt gegen sie als politisch motivierte Strategie eine immer größere Rolle spielt, wird ebenso beleuchtet wie die Auswirkungen der Globalisierung auf Frauen. Die Autorin Christa Wichterich sieht Frauen mehrheitlich als Verliererinnen der Globalisierung, sie würden zu „Callgirls der Globalisierung“ und zu „Airbags des Sozialabbaus“.

Bärbel Höhn schließlich erinnert an die doppelte Ungerechtigkeit, dass Frauen zwei Drittel der Arbeit weltweit verrichteten, doch nur ein Drittel Lohn bekämen. Zugleich seien in Krisen immer die Kompetenzen von Frauen gefragt. „Ohne Frauen gibt es keine Zukunft“, so Höhn. Das Gebot der Stunde laute: Netzwerke gründen. Der Aufruf der Ministerin wurde in Bonn gehört, sicherlich auch als Bestätigung dafür, dass diese erste Frauenmesse nicht die letzte gewesen sein dürfte.