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Archiv-Artikel

Streng verboten

Im Iran haben „O-Hum“ Kultstatus. Ihre Platten durften nicht erscheinen, öffentliche Auftritte wurden untersagt. Ihr Vergehen: Sie nahmen die Texte des persischen Dichters Hafez und machten dazu Rockmusik

Nein, sie singen nicht „I can‘t get no Satifaction.“ Sie singen Texte wie diesen: „Du, vor dem die keusche Knospe sich errötend neigt / Und die trunkene Narzisse Scham und Staunen zeigt! / Kann mit dir doch selbst die Rose sich vergleichen nicht, / Denn sie borget von dem Monde, er von dir das Licht.“

Schwer vorstellbar, dass eine Band, die solche Texte singt, verboten wird, doch O-Hum aus Teheran ist genau das passiert. „Respektlos“ fanden die iranischen Kulturwächter die Verbindung von persischer Poesie mit westlicher Rockmusik. So sehr, dass die Band keine Platten herausbringen und keine öffentlichen Konzerte geben durfte.

Im Iran kursiert ihre Musik in vielen Raubkopien, lustigerweise lassen sich die Tracks problemlos von der Webseite der Band herunterladen (www.o-hum.com). Vielleicht hat gerade das Verbot dazu beigetragen, dass O-Hum im Iran eine regelrechte Kultband wurde, die ihre Konzerte nun eben „privat“ an Orten wie der russisch-orthodoxen Kirche von Teheran abhielt.

Dabei ist die Musik von O-Hum nach westlichen Maßstäben alles andere als wild oder sonstwie durchgeknallt. Eher fühlt man sich an den freundlichen Sound von Folkrockfestivals der 80er erinnert. Keine steilen Posen, dafür schöne Melodien, vorgetragen von E-Gitarren und vielen anderen Saiteninstrumenten.

Nachdem die Band sich zwischenzeitlich aufgelöst und nach Kanada ausgewandert war, trifft sie sich jetzt in alter Besetzung bei einigen Konzerten in Deutschland wieder, wo die ganze Aufregung um die Rockmusik und Poesie nur schwer zu verstehen ist.

O-Hum heißt eigentlich Illusion, doch so illusorisch ist das Projekt, Rockmusik nach Teheran zu bringen, vielleicht doch nicht. O-Hum-Sänger Shahram Sharbaf ist inzwischen in seine Heimatstadt zurückgekehrt, wo er bei einem Benefizkonzert für die Erdbebenopfer von Bam fünf O-Hum-Songs vortragen durfte, ohne dass die Polizei einschritt.

Daniel Wiese

Morgen, 20 Uhr, Fabrik