Sprayern droht Strafverschärfung

Regierung verhandelt mit CDU/FDP über neue Graffiti-Gesetze. Nur Grüne bremsen noch

FREIBURG taz ■ Die Freunde des Privateigentums schöpfen neue Hoffnung. Möglicherweise wird der Bundestag bald die Strafbestimmungen gegen Graffiti-Sprayer verschärfen. Die für gestern geplante Abstimmung über entsprechende Gesetzentwürfe wurde zwar verschoben, aus Oppositionssicht ist dies aber ein gutes Zeichen, denn Rot-Grün ist zu Verhandlungen bereit.

Schon seit Jahren fordern FDP, CDU/CSU und Bundesrat eine Verschärfung des Strafgesetzbuches. Sie wollen, dass auch das ästhetische „Verunstalten“ einer Hauswand als Sachbeschädigung gilt. Bislang geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine Sachbeschädigung nur dann vorliegt, wenn die Substanz der Wand verändert wird.

SPD und Justizministerium halten das „Verunstalten“ jedoch für kein brauchbares Kriterium. „Dann müssten Richter und Staatsanwälten ja als Kunstsachverständige arbeiten“, kritisierte Justiz-Staatssekretär Alfred Hartenbach.

Für Bewegung sorgte nun aber der jüngste Gesetzentwurf des Bundesrates. Danach soll es genügen, dass gegen den Willen des Eigentümers das „äußere Erscheinungsbild einer Sache nicht nur unerheblich verändert wird“. SPD-Mann Hartenbach findet das „rechtsstaatlich einwandfrei“ und signalisiert Verhandlungsbereitschaft. Im Bundesrat hatten 15 von 16 Ländern diesem Entwurf zugestimmt.

Deutliche Ablehnung kommt nur noch von den Grünen, die das Gesetz für „überflüssig“ halten. Schon heute könne fast jedes Graffiti als Sachbeschädigung bestraft werden, so Bundestagsfraktions-Vize Christian Ströbele, weil bei der Reinigung der Hauswände doch die Substanz verletzt werde. Dies hätten auch Polizisten und Staatsanwälte bei einer Anhörung im Rechtsausschuss bestätigt.

Tatsächlich geht es den Ländern auch um etwas anderes. „Ein Gutachten über die Substanzverletzung kostet oft mehrere tausend Euro, mehr als die Beseitigung des Graffiti selbst“, kritisiert die Stuttgarter Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP). Sie hofft daher, dass solche Gutachten künftig überflüssig sind.

Im Prinzip wäre eine Einigung hier durchaus möglich, wenn das Thema nicht so emotional aufgeladen wäre. FDP, Union und Bundesrat wollen die Strafrechtsänderung als Symbol gegen „den Zerfall der Ordnung“, die Grünen lehnen symbolische Strafrechtsverschärfungen aber aus Prinzip ab. Jetzt sollen die Berichterstatter der Fraktionen einen Kompromiss suchen.

CHRISTIAN RATH