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Archiv-Artikel

berliner szenen Schily gegen Union

Vier Bullen, eine Wurst

Union gegen Nürnberg. Wir stehen ganz oben hinter dem Gästeblock mit lauter friedlichen Jublern – außer uns keine Hools. Unser Standort hat den großen Vorteil, dass man von dort aus während des Spiels den Eingangsbereich und vor allem den Bratwurststand beobachten kann.

Die Bratwurstverkäuferin hat gerade nichts zu tun. Sie macht erst zaghaft, dann entschlossener, anmutige Ausfallschritte nach links und nach rechts. Dabei wirbelt sie wie ein Funkenmariechen mit ihrer Wurstzange herum. Ziemlich klasse sieht das aus, und ich verpasse ein paar Tore, doch das macht nichts – es fallen ja mehr als genug.

Beim Stand von ca. 8:10 haben wir komplett den Überblick verloren und gehen dazu über, nur noch die Biere zu zählen, was aber in etwa aufs Gleiche rauskommt. Kurz vor Spielende lässt ein Fan seinen Bierbecher fallen, die Bullen setzen ihre Helme auf, prügeln sinnlos auf die Menge ein und schleifen den Strolch weg. Es war nicht einfach, diese harmlosen Leute zu provozieren, aber endlich haben sie es doch geschafft. Immer dasselbe in der Alten Försterei: Man kommt schwer ins Stadion, bleibt schwer drin, kommt schwer wieder raus.

Hinterher will auf dem Klo ein Franke das Ergebnis wissen. Wer denn gespielt habe, frage ich zurück. Draußen weiß ich es wieder: Unweit des Wurststands wird ein Fan von vier Bullen verkloppt. Becher verloren, bundesweites Stadionverbot – man kennt längst Schilys Lieblingsversuchsfeld in lückenloser Bürgerüberwachung. Im Match Recht gegen Terrorangst steht es locker 8:100. „Macht doch euren Fußball alleine“, möchte man ihnen sagen, „auf der Tribüne in Hannover oder Tokio“ – nur: Es ist gar nicht ihr Fußball, es ist unserer. ULI HANNEMANN