: Viel Fun trotz Flaute auf dem Müggelsee
Auch wenn der Wind ausbleibt, Regattasurfer bleiben gut gelaunt. Der Bundesligawettkampf interessiert die Topsurfer eh nur am Rande
Es war ein herrliches Wochenende im Südosten Berlins. Die Handtuchdichte an den Stränden des Müggelsees erreichte ungeahnte Dimensionen, die Biergärten überdurchschnittliche Umsätze und so mancher blasse Rücken wies nach dem Pfingstsonntag die ersten massiven Rötungen der Saison auf. Auf Berlins größtem See bot sich den Sonnen- und Bieranbetern ein farbenfrohes Spektakel. Die bunten Segel der Teilnehmer des Berlin-Cups der Windsurfer erhöhten den Funfaktor des Wochenendausfluges.
Wer sich allerdings mit dem Boot in die Nähe der Regattasurfer begab, der musste in zumeist betretene Mienen blicken. Denn die Surfer waren nicht übermäßig begeistert von den zwei Regattatagen. Ihnen fehlte der Wind. Für den ersten Wettkampftag waren vier Wettfahrten angesetzt, von denen schließlich nur drei – davon zwei verkürzt – durchgeführt werden konnten. Der Grund: die anhaltende Flaute auf dem See.
Natürlich wissen die Surfer um die schwierigen Bedingungen, die während der Sommermonate auf den Binnenseen herrschen. Dennoch reist die Surffamilie immer wieder gerne auch nach Berlin zum Surfcup. Und auch wenn es sich bei den Regattasurfern nicht um Erben des fliegenden Robby Naish handelt, gibt es jede Menge Männerzöpfe, Designersonnenbrillen und Hawaii-Outfit auf dem Gelände des veranstaltenden Yachtclubs Berlin-Grünau zu bestaunen. Surfer sehen scheinbar immer so aus, wie sie in Funsportmagazinen, Vorabendserien und Hawaii-Reisereportagen dargestellt werden. Auch Bundesliga-Surfer. Denn neben dem Sieg in der Einzelwertung um den Berlin-Cup ging es am Pfingstwochenende auch um Bundesliga-Punkte für den Bereich Nordost. Die Surf-Bundesliga ist ein Teamwettbewerb, bei dem die besten zwei Surfer eines maximal vier Mitglieder starken Teams Punkte für die Wertung einfahren können. Am Ende der Saison wird in einem Finalturnier das Siegerteam gekürt.
Für diese Teamwertung interessierten sich die teilnehmenden Spitzensurfer nur am Rande. Die deutsche Nummer eins in der olympischen Mistralklasse, Alexander Baronjan, war nämlich ebenso am Start wie Romy Kinzl, die sich mit der Olympiazweiten von Sydney Amelie Lux um den Spitzenplatz bei den Frauen streitet. Heimatverein dieser beiden Ausnahmesurfer ist der Yachtclub Berlin-Grünau, bei dessen Veranstaltung die Aushängeschilder der Berliner Surfszene natürlich nicht fehlen dürfen.
Es ist für die beiden sicher auch einmal wieder schön gewesen, zu Hause zu sein. Das sind die beiden nämlich äußerst selten. Trainiert wird meistens in den Revieren des Mittelmeers, und wenn nicht trainiert wird, steht irgendwo ein Wettkampf an. Romy Kinzl hat ihr Lehramtsstudium für ein Jahr unterbrochen, um sich den Traum von Olympia erfüllen zu können. In Athen will sie nicht nur teilnehmen, sondern auch um die Medaillen mitsurfen.
Alexander Baronjan hat es nur scheinbar leichter. Als Soldat in einer Sportkompanie der Bundeswehr muss er sich um seinen Lebensunterhalt keine allzu großen Sorgen machen. Doch was nach Beendigung seiner Karriere aus ihm wird, weiß er überhaupt noch nicht: „Ich bin eher der Typ, der in den Tag hineinlebt.“ Ein Satz, wie man ihn sich von einem Surfer erwartet.
Die beiden Berliner wurden den Erwartungen gerecht und surften meistens vorneweg. Am zweiten Wettkampftag gab es in der ersten Wettfahrt sogar relativ guten Wind und die betretenen Mienen vom Vortag waren schnell vergessen. Die Bundesligawertung holte sich der DSVE Salzgitter, der mit Andre Hartung den besten Surfer des Wochenendes in seinen Reihen hatte. Am Ende zeigten sich alle bestens gelaunt. Aber das war ja zu erwarten – schließlich hatte man es mit Surfern zu tun.
ANDREAS RÜTTENAUER