: Leyla Zana muss weiter im Gefängnis bleiben
Staatssicherheitsgericht in Ankara bestätigt Urteil über kurdische Politikerin. Kritik internationaler Beobachter
ISTANBUL taz ■ Das Staatssicherheitsgericht in Ankara hat gestern das Urteil über die kurdische Politikerin Leyla Zana und ihre Freunde bestätigt. Die kurdischen Politiker seien Mitglied in der illegalen Kurdischen Arbeiterpartei PKK gewesen und hätten deren bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat tatkräftig unterstützt, hieß es zur Begründung. Damit müssen Leyla Zana, Orhan Dogan und Hatip Dicle ihre 15-jährige Haftstrafe voll absitzen und kommen erst im März 2005 auf freien Fuß. Der später verhaftete Selim Sadak wird im Oktober 2005 freigelassen werden.
Die Türkei war wegen des Urteils ins Kreuzfeuer der Kritik seitens der EU und des Europaparlaments geraten. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wurde deutlich: „Die Türkei wird viel Mühe haben, die Wirkung dieses Urteils im Ausland zu überwinden.“
Der Vorsitzende Richter Orhan Karadeniz war stets gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens gewesen. Die Anwälte der kurdischen Politiker stellten deshalb Anträge auf Entlassung des Richters wegen Befangenheit, die das Gericht ablehnte. Wegen der symbolischen Bedeutung Zanas für den kurdischen Nationalismus in der Türkei versuchte Ankara auch, sich dieses zweiten Verfahrens zu entledigen: Zana wurde die Freilassung wegen gesundheitlicher Probleme angeboten, was sie aber ablehnte.
Das Gericht hörte sich im Gegensatz zum ersten Verfahren die Verteidigung in langen Sitzungen an, ließ jedoch bald durchblicken, dass mit einem milden Urteil nicht zu rechnen war. Jeder Antrag der Anwälte auf vorzeitige Entlassung ihrer Mandanten wurde abgelehnt. Da sie mit dem negativen Beschluss rechneten, waren Zana und ihre Freunde dem Prozess schon seit drei Sitzungen fern geblieben.
Umso zahlreicher kamen Beobachter aus dem EU-Parlament. Gestern kritisierte der italienische EU-Abgeordnete Luigi Vinci das Urteil als „eine Beleidigung für die Türkei selbst und für die Europäische Union, die fordert, dass die Türkei demokratischer wird“. Stuart Kerr von der Internationalen Juristenkommission (ICJ) erklärte: „Leider sind wir nicht überzeugt, dass dieses Wiederaufnahmeverfahren ein faires Verfahren war.“
Verteidiger Yusuf Alatas legte sofort Berufung gegen das Urteil ein. Nun wird zuerst der türkische Kassationshof ein endgültiges Urteil sprechen. Wenn Zana und ihre Freunde auch dann nicht freigesprochen werden, ziehen sie erneut vor den Europäischen Gerichtshof. Doch bis dahin dürften sie auf freiem Fuß sein. DILEK ZAPTCIOGLU