Romanze in Pickel

Jochen, schüchtern, dick und picklig, saß im Romantikseminar, schmachtend, schwitzend und nicht glücklich, neben Fräulein Monika.

Vorn ging es um blaue Blumen, die Herren Tieck und Derrida, Jochen zählte Schuppenkrumen auf Monis strahlend blondem Haar.

Der Blick glitt weiter bis zum Munde, wo flaumbekränzt ein Lächeln hing,umkreiste Monis Brust, die runde, „einmal berührn, das wär ein Ding“.

So träumte er nun schon seit Wochen, ohne Hoffnung, ohne Sinn, „nur weil ich“, dachte unser Jochen, „schüchtern, dick und picklig bin.“

Wie hätte er auch ahnen sollen, beim Anblick ihrer schlanker Beine, dass in der Frau gleich Spargelknollen Komplexe keimten ganz wie seine.

Ihr Sehnen galt Professor Siegel, Romantikpapst und Womanizer, doch fiaskös das Bild im Spiegel, „zu dünn, zu klein“, befand sie heiser.

Und hatte Recht das arme Mädel, Siegel stand auf pralle Damen, es wollte ihr nicht in den Schädel, Amor kannte kein Erbarmen.

So saßen beide kreuzunglücklich Stuhl an Stuhl im Seminar, Sie zu dürr und Jochen picklig, was irgendwie romantisch war.

Michael Quasthoff