: Drohung an der Wand
In Belzig bedrängen Neonazis die Familien von Antifas. Die Kleinstadt wird zum Schwerpunkt rechter Aktivitäten
Einschüchtern lassen will sich Familie Warnke (Name geändert) auf keinen Fall. In der Nacht zum Karfreitag hatten Neonazis von der „Anti-Antifa Belzig“ am Haus der Familie eine eindeutige Drohung hinterlassen: „Gott vergibt, wir nie – ihr habt Namen und Adressen“, stand auf dem Zettel in altdeutscher Schrift, den Rechtsextreme an die Wand geklebt hatten. Seitdem fürchten Klaus und Maria Warnke vor allem einen Angriff auf ihren 18-jährigen Sohn. Er war aufgrund seines Engagements in der Belziger Jugend-Antifa schon mehrmals bedroht worden. Einen konkreten Anlass für den neuen Einschüchterungsversuch sieht die Familie in einer Demonstration am morgigen Samstag: Unter dem Motto „Die Antifa rockt Belzig“ wollen Jugend-Antifa und andere Gruppen der Toten des Zwangsarbeiterlagers „Roederhof“ gedenken und eine „progressive linke Jugendkultur“ gegen die rechte Hegemonie in der Jugendszene setzen.
Die 12.000-Einwohner-Stadt Belzig ist zurzeit ein Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten in Brandenburg – das bestätigt auch die Polizei. Nach Beobachtungen der Antifa-Jugend Belzig hat sich seit der Haftentlassung des Neonazis Pascal S. im vergangenen Jahr ein etwa 40-köpfiger rechter Szenekern in Belzig entwickelt. Der heute 25-jährige S. hatte 1997 mit Gesinnungsgenossen eine Punkband in Pritzwalk überfallen. Ein Bandmitglied wurde lebensgefährlich verletzt, S. verbüßte eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Vor seiner Entlassung kündigte er in Neonazipostillen an, sich weiter „am Kampf“ zu beteiligen. Im Sommer drohte dann eine „Nationale Aktionsgemeinschaft/Freies Deutschland“ im Internet, man werde Belzig zur „national befreiten Zone für Volksgenossen machen“. Anfang Oktober 2003 warfen Unbekannte einen Brandsatz in das alternative Café „Der Winkel“, wo sich linke Jugendliche und Migranten treffen. Bei mittlerweile drei Aufmärschen innerhalb weniger Monate demonstrierten Belziger Neonazis zudem ihren Schulterschluss mit militanten Kameradschaften in Brandenburg.
Dass die Warnkes jetzt über die Drohungen gegen sie sprechen, liege an der „neuen Qualität“, sagt Maria Warnke. Denn auf die Drohschrift am Haus folgte ein mit „Gott“ gezeichneter Internet-Beitrag, der unter Adressnennung dazu aufforderte, die Familie anzugreifen. Szenekennern zufolge ist „Gott“ das Pseudonym von Pascal S.
Polizeipressesprecher Heiko Schmidt bestätigt, dass wegen des Plakats ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung anhängig sei. Man habe zudem „Mittel zur Gefahrenabwehr“ eingeleitet und die MEGA, Brandenburgs Sondereinheit gegen rechte Gewalt, eingeschaltet. Bislang, so Schmidt, hätten sich Belzigs Neonazis jedoch bemüht, „immer im Rahmen der Legalität“ zu agieren. HEIKE KLEFFNER