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Archiv-Artikel

ma, ma, ma, matriarchat von WIGLAF DROSTE

2.000 Jahre Christentum sind mehr als genug. Solange das Schmerzensmanna aber die Kultur- und Glaubensindustrien ernährt, wird es weiter verfüttert – und erstaunlicherweise gern gegessen. „Sakrileg“ von Dan Brown ist ein Bestseller und deutlich an die dritte Geschichte um den Abenteuerhistoriker Indiana Jones angeflanscht. Auch bei Brown wird heilig gegralt, wispernd geheimgebrüdert, schwer intrigiert und sinister gemordet, und das Hörbuch wird von Wolfgang Pampel gesprochen, der deutschen Synchronstimme Harrison Fords.

Hilft aber alles nichts – zumal Pampel ein paar Tipps zur englischen und französischen Aussprache nicht geschadet hätten und er den britischen Akzent einer Figur spricht wie von Mister Pumpernickel gelernt. Und, wenn ich das als Nichtgläubischer pingelig anmerken darf: „4.000 Jahre vor Christi“ gibt es nicht. Entweder heißt es „vor Christi Geburt“ oder „vor Christus“. Das mag jetzt unchristlich hart sein, ist aber wahr.

Nicht ganz so bildungsgesättigt und professoreneitel wie Umberto Eco geht Dan Brown mit Religionsgeschichte hausieren, aber auch im Vulgärformat ist das Erzählte stets erwartbar: Die Amtskirche ist ganz schlimm fies (isses wahr?), Opus Dei eine kriminelle Organisation (wiaklich?), und die Frauen wurden von der Kirche aber so was von unterdrückt, dass wir solidarisch „Ma, Ma, Ma, Matriarchat!“ singen wie einst Les Humphries und seine debile Truppe. Und dann weinen wir ein bisschen, denn genau darum, ums herrliche Matriarchat, sind wir alle betrogen worden: Jesus und Maria waren ein Königspaar und hatten eine Tochter, doch die Herren Apostel, Bischöfe, Kardinäle und Päpste (alle Männer!) schwiegen diese Wahrheit tot.

So steht es in „Sakrileg“ von Dan Brown, erschienen im Wissenschaftsverlag Bastei Lübbe, und muss also stimmen. Dass Männer nicht in der Lage sind, die Welt weise sich drehen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen, haben sie in ausreichender Menge bewiesen. Es wäre nur fair, wenn sich auch die Frauen beim Weltenlenken blamieren dürften. Wo aber soll der Vorteil eines Matriarchats liegen, wenn man statt Jesus nun Maria am Hacken hat? Solange das Gläubische im Boot ist, braucht man von Zivilisation nicht zu sprechen.

Für fünf Stunden Bestsellerhörbuch hören zahlt man einen hohen Preis: „Sakrileg“ ist in stilfieser, geistesschwacher, klischeegesättigt triefiger Sprache abgefasst: „Wie das Murmeln von Geistern aus der Dunkelheit vernahm Langton das Echo längst verhallter Worte. Die Suche nach dem Heiligen Gral ist die Wallfahrt zu den Gebeinen Maria Magdalenas. Es ist die Sehnsucht, zu Füßen der Verleugneten auf die Knie zu sinken und zu beten. Ehrfürchtig kniete Robert Langton nieder. Den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, eine weibliche Stimme zu hören: das Flüstern uralter Weisheit, das aus den Tiefen von Mutter Erde zu ihm drang.“

Doch Mutter Erdes Tiefen, sie miefen. Oder liefen – davon, vor so viel Kitsch, und schrieben sich lieber ein kleines Gedicht: Mutti Erde und Mutti Archat / Suchten die dritte Mutti zum Skat. / Mama Gdalena war gern mit dabei / Und putzte sie Schneider, mit zweien spielt drei.