Von Tütchen und Pflanzen

Auch Eltern nehmen manchmal illegale Drogen. Wie sollen sie da mit den Kindern übers Kiffen und anderen Konsum reden? Eine Schnellumfrage, fünf individuelle Antworten und eine Typisierung

VON BARBARA DRIBBUSCH

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland, wie der gestern vorgelegte Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung für 2004 ergab. Fast jeder Zweite der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland hat die Substanz schon mindestens einmal konsumiert. Wie aber reden Eltern, die selbst kiffen oder gekifft haben, mit ihrem Nachwuchs im Teenageralter über Haschisch und Gras? Eine nicht repräsentative Schnellumfrage der taz ergibt eine grobe Typisierung.

Die Pragmatische

Mairy K., 38 Jahre, mit Tochter Isabell, 15:

„Die Mutter der Freundin meiner Tochter ist Dauerkifferin. Irgendwann rief sie an und meinte, die Mädchen seien jetzt bei ihr und ob sie nicht mal alle zusammen einen Joint durchziehen dürften. Ich sagte ja und genehmigte also meiner Tochter quasi den ersten Joint. Mir war wichtig, dass sie nicht irgendwo auf der Straße ein Piece kauft, sondern den Stoff über diese Frau bekommt, die gute Connections hat. Ich selbst habe Haschisch früher allerdings gar nicht gut vertragen, ziemlich unangenehme Zustände jedesmal. Deswegen habe ich Isabell auch geraten, sie solle niemals alleine kiffen. Mit Alkohol bin ich übrigens strenger, das ist für mich eine harte Droge, wie Heroin. Liegt vielleicht auch daran, dass wir Trinker in der Familie haben.“

Die Vebietende

Gaby S., 47, mit Tochter Sarah, 13 und Sohn Johannes, 10:

„Ich habe Sarah das Kiffen verboten, aber mit Aufklärung. Ich selbst habe mit 15 Jahren ein Gramm Haschisch im Tee geschluckt, im Selbstversuch und auch, um cool zu wirken. Danach litt ich unter massiven Panikanfällen und musste in nervenärztliche Behandlung. Damals war es uncool, zuzugeben, dass man ziemlich übel draufkommen konnte, wenn man kiffte. Ich habe Sarah jetzt gesagt, sie solle besser kein Haschisch oder Gras rauchen. Das Risiko, dass sie in unangenehme Zustände kommt, sei zu groß, weil in unsrer Familie alle eben besonders sensibel sind. Wir haben auch Gemütskrankheiten in der Blutsverwandtschaft. In ihrer Clique hat sie das auch schon so weitererzählt, und ich habe den Verdacht, mit ihrer besonders sensiblen Familie dabei sogar ein bisschen angegeben. Mir ist das so aber ganz recht. Ich kenne Fälle, wo das Haschischrauchen bei Teenagern eine akute Psychose hervorgerufen hat.“

Der Anbietende

Jürgen A., 38, mit Tochter Tine, 18:

„Tine hat mit uns lange Zeit in einem besetzten Haus gewohnt, damals war sie acht Jahre alt und hat schon mitgekriegt, dass die Leute Kiffen, Rauchen und Trinken. Als sie 16 Jahre alt war, haben wir gesagt: Okay, wenn du kiffen willst, dann machen wir das erst mal zu Hause, mit den Eltern. So war es dann auch, eigentlich nichts Besonderes. Heute lehnt sie Cannabis ab. Sie war nacheinander mit zwei Männern zusammen, die beide ausgiebig kifften und nichts auf die Reihe kriegten. Heute ist sie deshalb ganz gegen das Kiffen.“

Die Besorgte

Kira M., 38, mit Tochter Emily, 15:

„Mein Mann und ich kiffen selten und haben unserer Tochter gesagt, dass sie kein Geheimnis draus machen muss. Wir haben sie nur vor harten Drogen wie Koks oder Ecstasy gewarnt. Irgendwann kam sie abends nach Hause und redete wirres Zeug. Später hat sie dann erzählt, dass sie gekifft hatte. Neulich fand ich in ihrer Wäsche allerdings eins von diesen Tütchen, wie sie Gras-Dealer verkaufen. Da wurde ich schon sauer, dass sie jetzt ihr Taschengeld, also unser Geld, in Drogen umsetzt. Sie meinte dann, die Schule setze sie aber unter so wahnsinnigen Druck und das Kiffen wäre eine Entspannung. „Aber ich gehe doch auch nicht betrunken zur Arbeit“, habe ich ihr gesagt. Ich bin schon ein bisschen besorgt und habe Angst, dass sie das Kiffen zu stark in ihr Leben einbaut. Nur: Verbieten hilft garantiert nichts.“

Die Entspannte

Hedwig M., 47, mit Tochter Mira, 16:

„Ich selbst bin eher der Suchttyp: Rauchen und Computerspielen. Meine Tochter Mira aber neigt überhaupt nicht zu Suchtverhalten. An ihrer Schule wird sehr viel gekifft und als sie 13 Jahre alt war, habe ich ihr gesagt, wenn sie das Zeug um jeden Preis probieren will, besorge ich ihr reinen Stoff. Das Angebot fand sie dann schon so klasse, dass sie es gar nicht nutzen wollte. Mit Alkohol war es genauso: Ich habe ihr, als sie 14 Jahre alt war, immer mal zur Probe einen Schluck Wein oder Sekt angeboten. Aber es schmeckt ihr nicht. Das ist bis heute so geblieben.“