: Wo Deutschland jung ist
In religiös geprägten Gegenden kommen viele Kinder zur Welt. Bald öd und leer: Gelsenkirchen und Löbau-Zittau
Wer wird im Alter bloß unsere Rollstühle schieben? Diese Frage beschäftigt schon so manchen Babyboomer, kaum dass die Lebensmitte erreicht ist. Denn der Nachwuchsmangel ist offensichtlich. Bisher konnte man jedoch seine Ängste nur im Allgemeinen pflegen; demografische Hochrechnungen gab es allein für Gesamtdeutschland. Das ist seit gestern anders.
Gestern nämlich stellte das „Berlin-Institut für Weltbevölkerung und globale Entwicklung“ eine Studie vor, die die „demografische Zukunftsfähigkeit“ von 440 Landkreisen und kreisfreien Städten für das Jahr 2020 hochrechnet.
Sehr zu empfehlen sind Baden-Württemberg und Bayern, ganz besonders der Landkreis Eichstätt, der „an der Spitze der Gesamtwertung liegt“. Das katholische Städtchen „profitiert von der Nähe zu den Audi-Werken“. Auch sind die Frauen dort vergleichsweise gebärfreudig: Sie bringen es durchschnittlich auf 1,6 Kinder.
Kindersegen durch Glaubensstrenge? Das Beispiel Cloppenburg in Niedersachsen scheint dies nahe zu legen. Nirgendwo sonst kommen in Deutschland so viele Kinder zur Welt wie in dieser katholischen Enklave: 1,92 pro Frau. Allerdings, das verwirrt, sind die Protestantinnen in Cloppenburg genauso gebärfreudig – obwohl es kaum Kinderbetreuung gibt.
Wer um seine demografische Zukunft fürchtet, sollte nicht in das Altenburger Land in Thüringen ziehen. Und auch nicht nach Bremerhaven, Gelsenkirchen oder ins sächsische Löbau-Zittau. Diese Industriegebiete überaltern. An der Ruhr werden 2020 voraussichtlich nur noch 4,8 Millionen Menschen leben, jetzt sind es fast eine halbe Million mehr.
Viele der demografisch relevanten Indikatoren lassen sich auch so zusammenfassen: Wo ziehen die jungen Frauen hin? Sie sind die Mütter von morgen – und mobiler als die Männer, die im Wortsinn oft „zurückgeblieben“ sind. Im vorpommerschen Landkreis Uecker-Randow beispielsweise treffen je 100 Männer im paarungsfreudigen Alter zwischen 18 und 30 Jahren nur noch auf 76 Frauen.
Demografisch stabil ist hingegen eine andere Gattung im Osten: die beiden Wolfsrudel, die aus Polen eingewandert sind. Sie haben die neue deutsche Leere für sich entdeckt. UH