: Viel Geld und viel Geheimnis
Im früheren DDR-Staatsratsgebäude eröffnet die Hertie-Stiftung eine neuartige Eliteschule für den Politikbetrieb
Das ist die erste gute Nachricht aus dem Berliner Staatsratsgebäude seit langem. Die „Hertie School of Governance“ hat sich gestern selbst mit einem Symposium eröffnet. Es war inhaltlich interessant („Die Rolle des Staates im 21. Jahrhundert“), und Promis waren obendrein da. Vom Bundeskanzler bis zum unvermeidlichen Lord Dahrendorf, die erste Reihe sozusagen.
Das ist neu. Bislang saß man konsequent in der zweiten Reihe, wenn es um die akademische Qualität im ungenutzten Steuerungszentrum der ehemaligen DDR ging. Seit die Creme der deutschen Wirtschaft dort, mit gezieltem Spott über die universitäre Managementausbildung in Deutschland, ein Harvard an der Spree ausrief, kam nur Betrübliches.
Die European School of Management and Technology (ESMT) – die organisatorische Hülle für Hertie-School und MBA-Ausbildung – erwies sich als größte intellektuelle Pleite, die sich die erste Liga der deutschen DAX-Unternehmen leisten konnte. Die Global Player von Allianz bis Thyssen-Krupp haben bis heute ihr avisiertes Stiftungskapital nicht zusammen, vom Studienprogramm ganz zu schweigen. Staatliche Unis sind Rennpferde gegen den Klepper vom Schlossplatz.
Die Hertie-School ist anders. Sie hat sich von Anfang an wohltuend von der Großmäuligkeit der Industriekapitäne unterschieden. Bei der Hertie-Stiftung in Frankfurt am Main, der Mutter der „School of Governance“, hatte man stets den Inhalt mit im Blick, der an Professionelle vermittelt werden sollte – das öffentliche Management.
In der Hertie-School sollen ab Herbst 2005 acht ProfessorInnen neues Personal für die öffentliche Verwaltung bereitstellen. Bis heute ist man in Amtsstuben und Staatskanzleien in Rechtssicherheit, Kameralistik und Hegel’sches Staatsdenken vernarrt. Da haben auch diverse Verwaltungsreformen und viele Controllingkurse kaum Umdenken bewirkt.
Niemand muss glauben, dass die Hertie-School deswegen schon die Nummer 1 unter den akademischen Einrichtungen wäre. Die „public policy“, die Hertie trainieren will, hat an der Uni Erfurt bereits seit zwei Jahren eine Heimat. Die reformfreudigen Erfurter um Dietmar Herz schicken schon diesen Sommer ihre ersten Master auf den Markt. Im Bereich der Weiterbildung von Spitzenbeamten dürfte auch die sonst eher betuliche Verwaltungshochschule in Speyer die Nase vorn haben. Nicht zu vergessen die Public Manager verschiedener Fachhochschulen, die als Erste die Bürokratie aufzumischen begannen.
Die Hertie-School hat einen Vor- und einen Nachteil. Sie geht mit geradezu empörend viel Geld ins Rennen, je fünf Millionen Euro über fünf Jahre. Davon können alle anderen nur träumen. Aber, das ist das Problem, ihr hängt der Ruch des Klandestinen an. Das Eröffnungssymposium fand im Auswärtigen Amt statt. Statt „public policy“ also sorgfältig verschlossene Türen.
CHRISTIAN FÜLLER