: Luftangriffe, Plünderung: Alles o.k., sagt UNO
UN-Menschenrechtskommission verurteilt Sudans Krieg in Darfur nicht. UN-Kommissar hielt kritischen Bericht zurück
BERLIN taz ■ Mit einem Kunstgriff hat Sudans Regierung eine Verurteilung durch die UN-Menschenrechtskommission verhindert. Ein kritischer Bericht einer UN-Untersuchungskommission über den Krieg in der westsudanesischen Region Darfur, der dem amtierenden UN-Menschenrechtshochkommissar Bertrand Ramcharan am Montagmorgen vorgelegt wurde – rechtzeitig zur anstehenden Sudan-Abstimmung am Dienstag –, wurde von Ramcharan unter Verschluss gehalten, nachdem Sudans Regierung am Montagabend der UN-Forderung nachgekommen war, Untersuchungen auf sudanesischem Staatsgebiet zuzulassen. Die UN-Ermittler, die vom 5. bis zu 14. April Darfur-Flüchtlinge im Tschad interviewt hatten und dann nach Genf zurückgekehrt waren, flogen daher am Dienstag nach Kenia und warten seitdem auf Erlaubnis für die Weiterreise nach Darfur. Unter dem Eindruck dieses Zugeständnisses stimmten die 53 Mitgliedstaaten der UN-Menschenrechtskommission am Dienstag gegen einen von EU und USA vorgelegten Resolutionsentwurf, der Milizenangriffe auf Zivilisten in Darfur verurteilt und das vor einem Jahr abgeschaffte Amt eines UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte im Sudan wieder eingerichtet hätte.
Der zurückgehaltene 13-seitige Bericht der UN-Kommission wirft nach Angaben von BBC und Reuters dem Sudan eine „Terrorherrschaft“ in Darfur vor. Dort bekämpft Sudans Regierung seit über einem Jahr lokale Rebellen, indem sie die Zivilbevölkerung vertreibt. „Nach den bei Flüchtlingen gesammelten Informationen scheint es, dass es in Darfur eine Terrorherrschaft gibt“, zitiert Reuters den UN-Bericht. „Die Gewaltmuster deuten auf eine Absicht der sudanesischen Behörden hin, die Bevölkerung gewaltsam auseinander zu treiben.“ Luftangriffe, Plünderung, Brandstiftung und Vergewaltigung seien Kriegsmittel der Regierungsstreitkräfte und verbündeter Milizen.
Humanitäre Organisationen der UNO bezeichnen die Folgen des Krieges in Darfur als derzeit schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt. Der jüngste UN-Lagebericht von Dienstag vermeldet, die Zahl der Binnenvertriebenen in Darfur liege bei über einer Million. Der erst vor zwei Wochen vorgelegte internationale Darfur-Hilfsappell über 115 Millionen Dollar – eine Verfünffachung des im September 2003 geschätzten Bedarfs – sei daher bereits zu wenig. Am 12. April trat ein Waffenstillstand zur Ermöglichung humanitärer Hilfe in Darfur in Kraft, den Regierung und Rebellen bei Gesprächen im Tschad vereinbart hatten; die Rebellen sowie Menschenrechtsorganisationen werfen jedoch der Regierung vor, ihn nicht einzuhalten.
Menschenrechtsgruppen kritisierten die Entscheidung des UN-Kommissars, den Bericht der UN-Ermittler vor der Abstimmung zurückzuhalten. „Das Büro des Hochkommissars ist verpflichtet, der Kommission die beste erhältliche Information über Darfur zur Verfügung zu stellen, während sie tagt“, sagte Joanna Weschler von Human Rights Watch. Die Menschenrechtler bezweifeln auch, dass Sudans Regierung das UN-Team wirklich nach Darfur lässt. Ein humanitäres UN-Team hat laut HRW bereits zweimal trotz gegenteiliger Zusagen der Regierung nicht nach Darfur reisen dürfen. DOMINIC JOHNSON