dampfplauderer elmar faber
: Pfiffiger Verleger

Ein Festredner des Buches und seiner selbst ist Elmar Faber, früher Verleger der Edition Leipzig und bis 1992 Leiter des Aufbau Verlags. Die acht „Betrachtungen zur Bücherwelt“ in seinem Buch „Die Allmacht des Geldes und die Zukunft der Phantasie“ zeichnen sich durch ein ungewöhnlich hohes Maß an kontemplativer Muße und schauerlichem Schmock aus.

Lieblingsautoren lautet das Thema der ersten „Betrachtung“. Es lässt Faber mit Stolz an Schriftsteller des Aufbau Verlags zurückdenken, wie sie weiland in Weimar aus den Büchern der ihren lasen: „Der musische Raum wurde mit Angeboten gefüllt, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Es (…) standen Bücher in Rede, deren bittere Wirklichkeiten überprüfbarer nicht zu machen waren.“ Die nicht überprüfbareren Wirklichkeiten entstammten alten und neuen Büchern, die allesamt „ins Treffen geführt wurden“ und von bekannten Schriftstellern sowie unbekannten verfasst worden waren. „Manchmal sind sie allerdings auch so unbekannt, dass man ihre Namen erst im Telefonbuch nachschlagen muss.“ Immerhin, aus der Welt sind sie nicht.

Faber ist ein Dampfplauderer, der seinem geneigten Publikum immer dort, wo er nicht weiter weiß, ein kleines Rätsel hinwirft. Warum widersprechen sich Bestsellerlisten zuweilen? Nun, das muss wohl „ein Geheimnis der Bestsellerorganisation“ bleiben. Auch bei den Flops, die auf die Tops so sicher wie das Amen auf das Gebet folgen, gibt es Geheimnisse, weiß Faber mit sokratischer Bescheidenheit nach elf durchplauderten Seiten, hinter die man nie „nie restlos“ komme. Ein Festredner alten Stils erklärt die Welt eben nicht, er verpackt sie in Watte und Formelhaftigkeit, auf dass sie niemanden fürderhin quälen möge.

So geht es weiter, stets selbstvergnügt gelassen und mit einem Zettelkasten aus bestem humanistischen Holze gegen die ärgsten Herausforderungen der vom Mammon verwüsteten Neuzeit gerüstet. Dem Taschenbuch etwa wird manch „anstrengendes Problem“ für die Kalkulation attestiert. Wer sich auf diesem schwierigen Terrain bewähren will, müsse „ideelles Feuer und lodernde thematische Lichter“ mitbringen. Wie gut, dass Elmar Faber über beides verfügte und 1990 gegen allerlei Widerstände die Aufbau Taschenbücher gründete.

Nach weiteren Auslassungen über die Schönheit von Büchern, die Sammelleidenschaft und das Verhältnis von Autor und Verleger beschließen zwei längere Interviews den Band. Das erste handelt von der DDR, das andere von der BRD, dieser „vom Geld lädierten Gesellschaft“, und in beiden erweist sich aufs Neue, was bereits die „Betrachtungen“ hinlänglich gezeigt haben: Elmar Faber war und ist ein inniger Vertrauter der Wortkunst und selbstredend auch der sie herstellenden „Kunstgeschöpfe“. Schließlich gehörte er zu den „Ausbunden an Findigkeit“, die an der Spitze der volkseigenen Unternehmen standen, weshalb ihn die Druckgenehmigung, dieses staatliche Zensurinstrument, überhaupt nicht schrecken konnte: „Wenn man pfiffig war, hatte man aber auch seinen Spaß damit.“ Faber war pfiffig und brachte Christoph Heins „Horns Ende“ ohne Druckgenehmigung heraus. Ein Buch in 14 Verlegerjahren – das muss ein Spaß ohne Ende gewesen sein.

JÖRG PLATH

Elmar Faber: „Die Allmacht des Geldes und die Zukunft der Phantasie. Betrachtungen zur Bücherwelt“, Faber & Faber, Leipzig 2003, 158 Seiten, 17 Euro