: Spurensicherung
Um Entsorgungskosten zu sparen, leiten Reeder und Kapitäne ihr Altöl ins Meer. Eine Boje, vom Flugzeug aus abgeworfen, könnte helfen, die Umweltsünder zu überführen. Werner Weinhold hat das Flugobjekt entwickelt
Jahrelang hat der Wasserschutzpolizist hilflos zusehen müssen: Kilometerlange Ölfilme auf dem Meer, offensichtlich lästiges Altöl, von Schiffen illegal verklappt – und die Verursacher bleiben unbestraft. „Fast immer werden die Verfahren mangels Beweisen eingestellt“, weiß Polizeioberkommissar Werner Weinhold. Bald könnten seine Qualen ein Ende haben. Eine Ölproben-Boje nämlich, von ihm selbst entwickelt, dürfte den Gerichten die dringend benötigten Beweismittel für eine gerichtliche Verfolgung der Ökosünder liefern. Reeder und Kapitäne könnten dann für die 250 Ölteppiche, auf die Weinhold und seine Kollegen vom Meeresschutz-Ressort jährlich in deutschen Gewässern stoßen, zur Verantwortung gezogen werden – ebenso wie für die rund 320.000 Tonnen Altöl, die nach Angaben des World Wide Fund For Nature (WWF) in Nord- und Ostsee eingeleitet werden.
Unrechtmäßige Verklappungen haben einen viel größeren Anteil an der Ölverschmutzung der Meere als Tankerunfälle. Meist sind es Treibstoffrückstände, so genannter Ölschlamm, der auf diese Weise billig „entsorgt“ wird. Weder Computerdiagramme noch während der Verklappung aufgenommene Bilder reichen als Beweise aus, um die Staatsanwaltschaft zu einer Anklage zu bewegen. Was oftmals fehlt, ist eine Ölprobe. „Das ist wie ein Fingerabdruck des Schiffes“, erklärt Weinhold. „Wenn wir das Öl haben, vergleichen wir es mit dem an Bord. Stimmen die Werte überein, kann es keinen Zweifel mehr geben.“
Dem Wasser rechtzeitig eine Ölprobe zu entnehmen, war die große Schwierigkeit, vor der die Ermittler standen. Eines Nachts kam dem genervten Beamten dann die Idee mit der Boje. Weinhold setzte sich an seinen Zeichentisch und begann zu tüfteln. Ein Jahr dauerte es, dann konnte der Polizeioberkommissar einen Prototyp seines „Babys“ präsentieren.
1,70 Meter ist die Ölproben-Boje hoch, 31 Kilo schwer, die Oberfläche von Löchern übersät. Das Prinzip ist einfach: Sobald ein Ölteppich entdeckt ist, wird die Boje vom Flugzeug aus abgeworfen, saugt sich mit der Schmiere voll – und wird anschließend von einem Behördenschiff wieder rausgefischt. Ein Radar-Echo-Verstärker im Innern der Blechspindel hilft beim Wiederaufspüren, die 12-Volt-Batterien hält über 50 Stunden. Einen Test-Abwurf aus 200 Metern Höhe hat die Boje bereits unbeschadet überstanden.
Die Entwicklungskosten von 30.000 Euro hat der World Wildlife Fund (WWF) bezahlt, Weinholds Kollegen bei der Wasserschutzpolizei sind „Feuer und Flamme“. Die WWF-Aktivisten sowieso: „Die Ölprobenboje ist endlich ein wirksames Instrument, Ölsünder aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt Sabine Otto vom Fachbereich Meere und Küsten. Die Zahl der illegalen Einleitungen werde sich damit verringern.
Bei der Besichtigung eines Ölbekämpfungsschiffs in Stralsund stellte Weinhold seine Erfindung kürzlich sogar Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vor. Ein Auftrag zur Serienfertigung ist dennoch nicht in Sicht, Weinholds Prototyp steht ungenutzt in der Garage. Weinhold frustriert: „Unsere Regierung will wohl nicht.“
Ole Rosenbohm