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Archiv-Artikel

Das Nordische im Bücherregal

Der ehemalige rechtsextreme Aktivist Stefan Björn Ulbrich verbreitet im Arun-Verlag nun Esoterik-Literatur. Der Verleger selbst nennt seine rechte Vergangenheit „Jugendsünden“. Bundesinnenministerium beobachtet den Verlag bis heute

von ANDREAS SPEIT

Der Arun-Verlag hat sich der nordischen Mythologie und keltischen Magie gewidmet. Mit Erfolg: Die Titel des Verlags „Das Geheime Wissen der Frau“ oder „Nordisches Heidentum“ sind in Hamburgs spiritueller Szene bekannt. Kaum eine esoterische Buchhandlung oder -abteilung, die keinen Titel des Verlags im Angebot hat. Weniger bekannt ist allerdings die politische Motivation des Verlagsinhabers Stefan Björn Ulbrich. Allein bei der Buchhandlung Weiland in Altona fiel die „Gewichtung auf das Nordische“ auf: „Eine politische Intention ist zu befürchten“, erklärt eine Mitarbeiterin der Eso-Abteilung der taz.

Seit Anfang der 90er Jahren bemüht sich Ulbrich, als Verleger und Autor das Wissen über die europäischen Mythen und Kulte zu verbreiten. Denn der einstige Aktivist der verbotenen rechtsextremen Wiking-Jugend (WJ) und ehemalige Redakteur der von Verfassungsschutzbehörden beobachteten „Jungen Freiheit“ (JF) möchte eine „konservative Kulturavantgarde“ schaffen, die aus altem Wissen und neuen Entwicklungen eine neurechte Kulturalternative entwickeln soll. So bietet der Verleger aus dem thüringischen Engerda neben spirituellen Praxisbüchern, wie „Celtic Design. Handbuch für Einsteiger“ von Aidan Meehan, auch faschistische Theoriebücher, wie „Revolte gegen die moderne Welt“ von Julius Evola an. Der „faschistische Guru“, wie Umberto Eco Evola klassifiziert, reiht sich in die Publikation zu faschistischen Mystikern ein, wie zu dem SS-Brigadeführer Karl Maria Willigut: „Weisthor. Karl Maria Willigut. Himmlers Rasputin und seine Erben“, und zu dem SS-Ahnenforscher Otto Rahn: „Otto Rahn und die Suche nach dem Gral“.

Alles „Jugendsünden“ beschwichtigt Ulbrich mit Bezug auf seine Aktivitäten bei der WJ und JF auf der Verlagswebseite und mit Verweis auf die Verbreitung seines Verlagsprogrammes über rechtsextreme Zeitschriften verharmlost er, dass sind „nur circa zehn Händler“.

Das Bundesministerium des Inneren widerspricht. „Neben Beiträgen demokratischer Autoren“ enthalten Sammelbände des Verlags „zahlreiche Aufsätze von Rechtsextremisten“, erklärt die Behörde in einer kleinen Anfrage im Bundestag 2000 und betont, „an der Erstellung einzelner Titel (sind) auch Personen (beteiligt), die als rechtsextremistisch einzuschätzen sind“. Bis heute beobachtet die Behörde den Verlag.

Aber auch Hexen und Heiden wehren sich gegen Ulbrichs Bemühung, „neurechtes Denken“ der Szene unterzujubeln. „Es ist nicht nötig, auf derartige Pamphlete zurückzugreifen“, meinen die Autoren des naturreligiösen Online-Magazins „Der Hein“, „um sich ein Bild über traditionelle Bräuche zu machen“.