: Abu Hamza kämpft gegen Auslieferung
Die britische Regierung will den radikalen Scheich ausweisen. Der klagt dagegen. Gestern begann der Prozess
DUBLIN taz ■ Er ist auch den meisten britischen Muslimen zu radikal. Scheich Abu Hamza al-Masri freute sich öffentlich über die Anschläge vom 11. September 2001 und sagte: „Ussama Bin Ladens Botschaft hat euch erreicht. Ihr werdet euch nie mehr sicher fühlen.“ Die britische Regierung will Abu Hamza deshalb gerne loswerden. Innenminister David Blunkett hat ihm vor gut einem Jahr die britische Staatsbürgerschaft aberkannt. Dagegen hat Hamza Berufung eingelegt. Gestern begann der Prozess in London.
Hamzas Anwalt sagt, die Regierung habe seinen Mandanten zum Staatenlosen gemacht, und das sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Blunkett argumentiert, dass Hamza seine ägyptische Staatsbürgerschaft nie verloren habe. Nach einem Gesetz, das Blunkett im April vorigen Jahres im Eilverfahren verabschieden ließ, ist es zulässig, Menschen die britische Staatsbürgerschaft abzuerkennen, falls sie „gegen wesentliche Interessen des Vereinigten Königreiches verstoßen“ haben und über eine zweite Staatsbürgerschaft verfügen. Beides treffe in Hamzas Fall zu, meint Blunkett.
Scotland Yard hat ihn 1999 schon einmal festgenommen, weil er Bombenanschläge im Jemen geplant haben soll. Er wurde nach wenigen Tagen jedoch ohne Anklage freigelassen. Der Jemen verlangt nach wie vor seine Auslieferung.
Abu Hamza wurde 1959 im ägyptischen Alexandria geboren, er hieß damals Mustafa Kamel Mustafa. 1979 kam er nach England, weil er Ingenieur werden wollte. Nachdem er sein Studium abgebrochen hatte, arbeitete Hamza eine Weile als Türsteher bei einer Peepshow in Soho, bevor er – so behauptet er jedenfalls – in Afghanistan gegen die sowjetische Besatzung kämpfte. Dabei büßte er einen Arm und ein Auge ein. 1981 heiratete er die Engländerin Valerie Fleming und wurde dadurch britischer Staatsbürger. Fünf Jahre später reichte seine Frau die Scheidung ein, weil Hamza „immer radikaler“ wurde.
In den Neunzigerjahren wurde Hamza Imam der Moschee am Finsbury Park in Nord-London. Zu den regelmäßigen Besuchern zählten Zakarias Moussaoui, der mutmaßliche 20. Flugzeugentführer, und Richard Reid, der „Schuhbomber“.
Seit Februar vergangenen Jahres darf Hamza die Moschee wegen seiner radikalen Ansichten nicht mehr betreten, so entschied der Wohlfahrtsausschuss, der für die Moschee zuständig ist. Fortan predigte er fast täglich vor der Moschee. Der innenpolitische Sprecher der Tories, Oliver Letwin, behauptet, Hamzas Prozess koste den Steuerzahler 250.000 Pfund. „Für diesen Mann ist kein Platz in Großbritannien“, sagte Letwin. Mit einem Urteil ist in drei Wochen zu rechnen. RALF SOTSCHECK