: Gibt es Hamburger Kunst?
Kleines Sponsoring-Wunder in Zeiten knappen Geldes: die Kunsthalle zeigt ihre Neuerwerbungen
Es gibt Kunst in Hamburg. Aber gibt es Hamburger Kunst? Die Frage nach dem Regionalen ist schwierig, wo in der globalen Kunst schon das Nationale kaum zu orten ist. Gleichwohl spielen diese Kriterien in Stipendien oder Biennalen eine wichtige Rolle. Ein Ausweg aus dem definitorischen Dilemma ist die Feststellung, Hamburg sei nicht Ziel, sondern Ausgangspunkt eines künstlerischen Werkes.
Solchen Arbeiten will sich die Hamburger Kunsthalle wieder stärker zuwenden. Schon im 19. Jahrhundert hatte der erste Direktor Alfred Lichtwark daran ein besonderes Interesse, nicht zuletzt weil er glaubte, über das Regionale für das Moderne interessieren zu können. Auch hat Hamburg, anders als manche andere Großstadt, keine spezielle städtische Galerie – und die verstreuten Sammlungen der Kulturbehörde sind weder systematisch entstanden, noch sind sie zugänglich.
Erweiterte Schwerpunktsetzungen mit teuren Ankäufen sind den eindeutig unterfinanzierten Museen ohne Hilfe von außen heute nicht mehr möglich. Doch für die Erweiterung zu einer Abteilung „Kunst in Hamburg. Heute“ hat sich jetzt ein Sponsor gefunden: Die HSH Nordbank, eine Fusion der in Kunstförderung schon erfahrenen ehemaligen Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein. Zur Halbzeit des vierjährigen Projekts zeigt die Kunsthalle in ihrem Hamburger Gang etwa 70 Neuerwerbungen.
Zu sehen sind bisher zu Unrecht ausgelassene Positionen älterer Künstler ebenso wie Arbeiten junger Kunststars, die sich schon über den Tag hinaus bewährt haben. Dabei geht es ganz im Sinne Lichtwarks wieder nicht nur um hier geborene – wie Hilka Nordhausen, Hans Cristian Dany oder Ruprecht Matthies – sondern auch um die von hieraus wirkenden Künstler und Künstlerinnen wie KP Brehmer, Werner Büttner oder Franz Erhard Walther.
Manches wurde bereits in der Reihe „Standpunkt“ erprobt, so die zeichnerische Privatenzyklopädie der Koreanerin Kyung-Hwa Choi-Ahoi, anderes lohnt unter dem wiedererwachten Sinn für darstellende Malerei einen Blick, wie die der Pop-Art kritisch nahestehenden Bilder von Almut Heise. Die vielleicht größte Überraschung sind die Materialien und die Rekonstruktion zur „Internationalen Ausstellung von nichts“, ein vom Künstler-Literaten Herbert Schuldt 1960 in Lokstedt durchgeführtes kunstkritisches Kunst-Happening, das als eines der weltweit frühesten Fluxus-Ereignisse ein internationales Skandal-Echo fand.
Hajo Schiff
bis 4. Juli, Di–So 10–18, Do bis 21 Uhr, Kunsthalle; Katalog: 12,50 Euro