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Archiv-Artikel

Mad Corny Disease

Statt mit Müsliriegeln macht St.Pauli-Präsident Littmann lieber Geschäfte mit Ronald McDonald. Gestern spionierte er schon einmal

von OKE GÖTTLICH

Birger Lücke bringt es auf den Punkt. „Es sind beides Hamburger Unternehmen“ beschrieb der Sales Building Consultant –Markt Nord – des Fast Food-Giganten gestern die Gemeinsamkeiten zwischen McDonald‘s und dem FC St. Pauli. Franz Gerber wusste auf Nachfrage der taz allerdings noch nichts davon, dass er ab dem 1. August als Restaurantleiter eines Hamburger-Unternehmens sein Geld verdienen muss. Als Fußballtrainer und Teilhaber an Fußballspielern wird er beim alternativen Stadtteilklub, der nun eine Retter-Shirt-Kooperation mit dem grünbedaumten Global-Player eingeht, nicht mehr gebraucht. Da hat Gerber seinen als Trainerkontrakt getarnten Arbeitsvertrag wohl nicht genau gelesen.

Aber im Ernst: Hatte wirklich jemand daran geglaubt, dass der 35-jährige Stefan Brasas zum Fußballspielen verpflichtet worden ist? Der 2,02 Meter große Keeper wird künftig als Bodyguard dafür sorgen, dass Ole von Beust, Lilo Wanders, Bela B., Rudolf Lange, Sandra Maischberger und natürlich Ronald, nicht McDonald, sondern B. Schill, in Ruhe dem Ansturm in Cornys „Der Stadtteil isst fett“-Imbiss Herr werden können.

Künftig wird es demnach keine juristischen Scharmützel mit gemobbten oder entlassenen Mitarbeitern mehr geben. Das soll der Vergangenheit angehören. Ganz im Stile eines New Yorker Teenagers, der McDonald‘s auf Verfettung verklagte, werden dem Hamburger-Club nur noch richtig dicke Fälle ins Gericht stehen. Aber selbst dann wird St. Paulis Präsident lässig wie McDonald‘s-Gründervater Ray Kroc sagen: „Wir wollen der Gesellschaft einen Teil dessen zurückgeben, was wir von ihr bekommen haben.“ Das ist wirklich fett. „Bei einer guten Aktion und Spaß sind wir ganz vorne mit dabei“, bestätigt Oliver Bayer. Der Hamburger Franchisenehmer mit drei Filialen ist hilfsbereit. Denn in dem extra für die MitarbeiterInnen angefertigten Retter-T-Shirt mit dem Slogan „Hamburger helfen Hamburgern“ sah der Zweimeterriese eher nach Bratwurst in Pelle als nach flachem Hackbraten aus. „Bitte nur oben rum fotografieren. Da bin ich eitel“, weiß er das Schlimmste zu verhindern.

Für den künftigen Imbissbetreiber Littmann, der nach taz-Informationen seinen Laden im Steakhaus auf dem Spielbudenplatz eröffnen möchte, kam die gestrige klug inszenierte Wirtschaftsspionage bei dem in über 100 Ländern vertretenen, täglich 46 Millionen Kunden in über 30.000 Restaurants bedienenden Rindfleischgriller genau zur richtigen Zeit. Mit dem gespendeten und durch den T-Shirt-Verkauf eingenommenen Geld kann Littmann seinen neuen Traum verwirklichen. „Ich will der größte Rinderschänder der Welt werden.“ Eine normale Wahnvorstellung, die Gesundheitsexperten auf den jahrelangen und ausschließlichen Verzehr von gleichvornamigen Müsliriegeln zurückführen.

„Vor etwa 800 Jahren zogen die Tataren, ein mongolischer Stamm, durch die Steppen. Um das erbeutete Rindfleisch bekömmlicher zu machen, legten sie es unter ihre Sättel, ritten es weich, hackten es klein und verspeisten es schließlich roh“, rezitiert Littmann die Hamburger-Geschichte und beschreibt bildhaft das nahende Ende des FC St. Pauli. Müsliszenetypische Päckchen mit Crispresten pflastern seinen Weg.

„Die taz ist schuld“, lautet Littmanns Ausrede für die besonders zweifelhaften Rettungsaktionen. „Nach dem Artikel ‚Ficken für St. Pauli‘ war ich mir für nichts mehr zu schade“, behauptet er steif und fest. „Ein deutliches Verhaltensmuster für das bislang kaum erforschte Mad Corny Disease‘“, bestätigt ein Sprecher des Tropeninstitutes.

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