: Rotoren produzieren Gegenwind
Die Kölner Grünen wollen sie, CDU, SPD und FDP lehnen sie ab: die geplante weltweit größte Windenergieanlage in Kölns Norden. Der Investor kann die lautstarke Kritik nicht nachvollziehen
Von Jessica Düster
Seitdem der Essener Investor Jürgen Schmidt seine Absicht bekannt gab, die weltweit größte Windkraftanlage zu bauen, schlagen in Köln die Wogen der Entrüstung hoch. Der Grund: Das vielfach als „Monsterwindrad“ bezeichnete Projekt soll auf dem Kölner Stadtgebiet errichtet werden. Politiker der Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP kritisieren das Projekt und wollen den Bau verhindern. So äußerte Rolf Bietmann (CDU) in einem Brief an OB Fritz Schramma seine Befürchtung, das Windrad könne ein „Beispiel verfehlter Energiepolitik“ werden. Seiner Ansicht nach sei NRW „aufgrund seiner Binnenlage kein klassischer Windkraftstandort“, das Stadtbild würde „massiv beeinträchtigt“, da der Dom von dem Windrad überragt würde und die ökologischen Auswirkungen „bedenklich“ seien.
Kritikpunkte, die von SPD und FDP, die sich am vergangenen Donnerstag im Stadtentwicklungsausschuss gegen den Bau der Windenergieanlage aussprachen, geteilt werden. Die Kölner Grünen stehen der Errichtung der Windenergieanlage indes positiv gegenüber. Sie befürworten die acht Millionen Euro schwere Investition auf dem Stadtgebiet aus energie-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen.
Stein des Anstoßes ist die Windenergieanlage Enercon E-112 mit einer Gesamthöhe von knapp 200 Metern. Ihre Rotorfläche ist rund 40 Prozent kleiner als die von vier herkömmlichen Anlagen. Aufgrund ihrer Höhe kann die Pilotanlage jedoch genau so viel Strom produzieren, weil sie von einer höheren und stetigeren Windgeschwindigkeit profitiert. Die Enercon E-112 hat eine Nennleistung von 4,5 Megawatt, was dem Energieertrag von vier durchschnittlichen Anlagen entspricht. Damit können 4.000 Vierpersonen-Haushalte mit umweltfreundlich produziertem Strom versorgt werden.
„Die Anlage ist ein Highlight für Köln, keine Belastung“, fasste Investor Schmidt gegenüber der taz zusammen. Das Pilotprojekt sei eine für Binnenlagen optimierte Anlage, die es bislang so noch nicht gebe. Als Standort kommt für Schmidt deswegen nur der Kölner Norden in Frage: „Hier ist die Windhäufigkeit gut, die Wohnbebauung liegt über 1.000 Meter weit weg und die Nähe zur Autobahn ist logistisch günstig.“ Die in den letzten Wochen öffentlich gezeichneten „Horrorszenarien“ kann Schmidt nicht nachvollziehen. Für die Bewohner werde kein Lärm wahrnehmbar sein und Flora und Fauna würden nicht beeinträchtigt. „Und der Kölner Dom liegt in 12 Kilometer Entfernung“, ergänzt Schmidt. „Den kann man von da aus nur mit dem Fernglas sehen.“
Die Verwaltung der Stadt Köln erstellt hingegen eine eigene Untersuchung, die auch andere mögliche Standorte und deren Windhäufigkeit, Verträglichkeit mit Landschafts- und Stadtbild sowie ausreichende Abstände von Wohnbebauung abwägt. „Wir wollen eine Konzentrationszone ausweisen, damit wir steuern können, wo eine solche Windkraftanlage gebaut werden kann“, erklärt Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes. Diese „Konzentrationszonen“ ermöglichen es den Kommunen, Windkraftanlagen räumlich zu konzentrieren und an anderer Stelle im Stadtgebiet auszuschließen. Verhindern können sie den Bau solcher Anlagen kaum, da diese im Baugesetzbuch als so genannte privilegierte Vorhaben gelten. Die Verwaltung will das Gutachten dem Rat im Mai oder Juni vorlegen.
Die Kölner Grünen haben den Investor Jürgen Schmidt, Robin Borgert von der beratenden Firma Windtest Grevenbroich und Gerd Brust von der GEW Rheinenergie AG zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Moderiert wird sie von Jörg Frank, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Rats-Grünen; Heute, 19 Uhr, im Historischen Rathaus.