: Quote nur im Geheimen
Wissenschaftssenator Jörg Dräger trifft Leitentscheidungen zur Hochschulentwicklung: Künftig gibt es 1750 Studienanfänger weniger. Die HWP soll unter das Dach der Universität schlüpfen, Architektur-Zukunft ist dagegen noch ungewiss
von KAIJA KUTTER
Verglichen mit den im Januar verkündeten Empfehlungen der Dohnanyi-Kommission klang manches, was Wissenschaftssenator Jörg Dräger gestern im Rathaus verkündete, geradezu soft. Das Bachelor-Master-System soll in Hamburg zwar flächendeckend eingeführt werden, doch sei hier das „Zeitfenster bis 2010 offen“, so der parteilose Politiker. Auch sollten sich Fächerkulturen hier bundesweit abstimmen und Hamburg keinesfalls einen „Sonderweg“ gehen.
Leisten kann sich Dräger diese Gelassenheit, weil er hierbei im Bund den Ton angibt. „Vor einem halben Jahr waren wir Vorkämpfer, jetzt zieht die ganze Meute mit“, jubelt Staatsrat Roland Salchow mit Blick auf die Kultusministerkonferenz. Dort hatte man am Donnerstag ein Papier verabschiedet, das den kurzen Bachelor-Studiengang zum „Regelabschluss“ erklärt und davon ausgeht, dass nur noch die Hälfte der Studierenden anschließend den Master anstrebt.
Großmütig nahm Dräger gestern deshalb auch davon Abstand, die im Dohnanyi-Bericht enthaltenen Übergangsquoten zum Master-Studium zu verkünden. Es gebe hier keine Festlegung, so Dräger. Wer einen Master machen wolle, müsse sich allerdings „durch Leistung“ qualifizieren. Das bloße Bestehen des Bachelors reiche nicht.
In Hochschulkreisen spricht man hingegen von einem klugen Schachzug Drägers, weil er im Grunde Dohnanyis Finanzierungsmodell übernimmt, das ohne diese Master-Quoten gar nicht aufgeht. So werden den Hochschulen künftig Anfänger- und Absolventenzahlen vorgegeben, die gar keinen Spielraum dafür mehr geben, dass beliebig viele begabte Studierende ihr Wissen über den Erstabschluss hinaus vertiefen können. Da sie gezwungen sind, stetig eine Zahl von Anfängern aufzunehmen, haben die Hochschulen kein Geld, um beliebig viele Master-Plätze anzubieten.
Nicht richtig durchentschieden wirken auch die „Einzelentscheidungen“ zur Hochschullandschaft. Dräger bleibt dabei, dass es künftig 13 Sektionen geben soll, von denen als einzige die Musikhochschule und die TU Harburg so bleiben, wie sie sind. Die HWP und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni sollen an einem „Moderationsprozess“ teilnehmen, mit dem Ziel, eine gemeinsame Sektion zu gründen. Er gehe hier von einem „Erfolg“ aus, es sei aber „keine Zeitschiene“ vorgegeben.
Enttäuschend dürften die Leitentscheidungen für die Architektur ausfallen. Hier entschied Dräger schlicht passend zu seiner Vision eines Mediencampus rund um die private Media School in der Finkenau und ging über die Wünsche der Basis hinweg. So soll ebenfalls ein „Moderationsprozess“ klären, ob die Architektur an die Kunsthochschule oder die Hochschule der Angewandten Wissenschaft (HAW) angegliedert wird. Fest steht aber, dass die Häuslebauer erst mal in der City Nord bleiben, weil ein Umzug in die Finkenau zu teuer sei. Etwas grob geht Dräger auch mit dem HAW-Fachbereich Gestaltung um. Dieser soll nicht, wie von Dohnanyi empfohlen und vom Fachbereich gewollt, mit der Kunsthochschule fusionieren, sondern mit anderen HAW-Fächern eine Sektion „Gestaltung, Medien und Information“ bilden, in die Finkenau ziehen und dort die Media School befruchten.
Die Lehrerbildung darf erstmal so bleiben, wie sie ist, muss einen „Master für Quereinsteiger“ gerieren und sich langfristig ans gestufte System anpassen.
„Etwas moderater“ ist der Senator laut Selbstauskunft mit der Absenkung der Studienanfängerzahl verfahren. Hier habe es vor allem im Bereich Kunst und Musik leichte Korrekturen gegeben. Insgesamt werden künftig in Hamburg 1750 junge Menschen weniger als bisher ihr Studium beginnen. Über das Bekommen des Studienplatzes entscheidet künftig nicht mehr die Abi-Note allein. Ab Wintersemester 2004 dürfen die Unis „den überwiegenden Teil“ ihrer Studenten selbst auswählen.