: Dürftiger Datenschutz
Nach Kritik des Datenschutzbeauftragten muss Bremen seinen neuen Internetauftritt überarbeiten: In einem virtuellen Stadtrundgang wurden Personen ohne ihre Zustimmung abgebildet
VON STEVEN HEIMLICH
Das Internetportal bremen.de muss nach deutlicher Kritik des Landesdatenschutzbeauftragten Sven Holst innerhalb der kommenden Woche sein neues Webangebot überarbeiten. Darauf einigten sich gestern der Geschäftsführer der Bremen Online GmbH, Stephan Klein, und Holst nach einem Gespräch. Klein hatte wenige Stunden zuvor den neu gestalteten Internetauftritt der Website präsentiert. Besonderer Clou: ein virtueller Stadtrundgang, bei dem der Nutzer online durch die Straße wandern, Gebäude betreten und einkaufen kann. Das Problem: Die Anwendung verletzt die Persönlichkeitsrechte zahlloser abgelichteter Personen.
Noch bis zum Wochenende waren die Kennzeichen von Autos zu lesen, die vor dem Parkhotel standen. Sie wurden inzwischen unkenntlich gemacht. Jetzt sollen zunächst kurzfristig alle Gesichter verpixelt werden, die frontal zu erkennen sind. Innerhalb der kommenden Woche sollen auch die Menschen im Hintergrund unkenntlich gemacht werden. Er sei zuversichtlich, dass die Mängel ausgeräumt würden, so Holst.
Bereits zuvor musste Klein Versäumnisse beim Datenschutz einräumen. Künftig will er abgelichtete Personen schriftlich um ihr Einverständnis bitten, damit die Bilder rechtmäßig veröffentlicht werden können. Generell darf niemand ohne seine Zustimmung mit seinem Gesicht im virtuellen Stadtrundgang auftauchen. So steht es in einem Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz vom November 2008. Demnach ist es generell „unzulässig“, Bilddaten von Gesichtern, Autokennzeichen oder Hausnummern im Internet zu veröffentlichen. BewohnerInnen und GrundstückeigentümerInnen soll es zudem möglich sein, die Veröffentlichung der Bilder rückgängig zu machen.
„Der Entschließung der Datenschützer fühlen wir uns absolut verpflichtet“, sagt Klein. Bremen Online befinde sich schließlich zu 100 Prozent im Besitz des Finanzressorts. Datenschützer Holst dagegen kritisierte die zuletzt geübte Praxis: Einige Personen würden gegen ihren offensichtlichen Willen abgelichtet, auf Persönlichkeitsrechte von Menschen in besonderen Lebensumständen nehme die Anwendung keinerlei Rücksicht.
Anlass für den Beschluss der Datenschützer ist das Internetprogramm Google Street View, mit dem ganze Straßenzüge in 3D-Ansicht betrachtet werden können. Die Vorgaben müssten auch von bremen.de erfüllt werden, so Holst.
Klein mochte den Vergleich mit dem Suchmaschinenbetreiber zunächst nicht gelten lassen. Google lichte ganze Ortschaften aus anonymen Fahrzeugen heraus ab. Die Fotografen, die im Auftrag von bremen.de arbeiteten, könnten „deutlich wahrgenommen“ werden, verteidigte sich Klein zunächst. „Wir wollten keine menschenleere Stadt zeigen“, so Klein am Morgen.
Er verspricht sich von dem Projekt einen Werbeeffekt für den Tourismus und die Geschäftswelt, die im virtuellen Bremen für 15 Euro im Monat eine Filiale eröffnen kann. Klaus Sondergeld, der Geschäftsführer der Bremen Marketing GmbH, widersprach dabei dem Vorwurf, den Web-Auftritt der Stadt zum kostengünstigen Werbe-Portal zu machen. Letztlich sei es eine gute Gelegenheit, Infodienste steuersparend anzubieten.
Auch das Schwarze Brett wurde für kommerzielle Anbieter geöffnet. Jetzt dürfen Unternehmer inserieren, wo zuvor PrivatverkäuferInnen unter sich blieben. Es sei nicht einzusehen, warum gewerbliche Anbieter ausgeschlossen werden sollten, so Klein. Diese müssen ihre Produkte kennzeichnen und für den Auftritt zahlen – das helfe dem Portal, auch in Zukunft schwarze Zahlen zu schreiben, so Klein.