: Protestringelreihen
Schulboykott an Sprachheilschule Zitzewitzstraße: Durch das Arbeitszeitmodell ist gezielte Förderung von Stotterern in Gefahr
von KAIJA KUTTER
Von den Einsparungen des Senats sind auch die Förder- und Sonderschulen massiv betroffen. Darauf machten Eltern der Sprachheilschule Zitzewitzstraße in Wandsbek gestern früh mit einer Schulblockade aufmerksam. Obwohl die Schülerzahl im neuen Schuljahr von 266 auf 274 anwächst, müsse die Schule 80 Teilungsstunden und somit drei Lehrer abgeben, berichtet Elternvertreterin Karin Heins: „Für unsere Kinder der blanke Horror.“
Die Sprachheilschule bietet Kindern mit Sprachstörungen und anderen Beinträchtigungen wie Wahrnehmungsstörungen gute Bildungschancen. Sie können dank gezielter Förderung gar den Realschulabschluss machen.
Die Klassenräume waren schon beim Bau für das Lernen in kleinen Gruppen von nicht mehr als zwölf Schülern angelegt. Doch durch das neue Modell wird die Zuteilung von Teilungsstunden veringert. „Wenn wir nur elf Schüler pro Klasse haben, bekommen wir nur die Grundstunden“, erklärt Schulleiterin Ingrid Henschen. Erst für jeden weiteren Schüler pro Klasse gebe es zwei Teilungsstunden. Doch das Arbeiten in Kleinstgruppen sei beispielsweise für Stotterer unabdingbar. Henschen: „Diese Schüler brauchen Einzeltherapie, die maximal für zwei Kinder stattfinden kann.“
Die Rektorin bemängelt, dass bisher mit der Behörde kein echter Dialog über die Stundenzuteilung stattgefunden habe. Als Sündenfall müssen zu Schuljahresbeginn drei fünfte Klassen in zwei sechste Klassen zusammengelegt werden, wo sie dann zu 16 Kindern im Raum sind.
Laut Henschen kann das neue Modell im Sprachheilschulbereich schon allein deswegen nicht funktionieren, weil nicht beliebig viele Schüler vorhanden sind. So gibt es hamburgweit nur eine einzige Realschulklasse – die in Wandsbek. „Die Schüler, die in der Regelschule nicht klarkommen, werden uns zugewiesen“, erklärt sie. Deshalb müsse die Zitzewitzstraße naturgemäß auch mal kleinere Klassen haben können, ohne auf die Teilungsstunden zu verzichten.
Der Eltern- und Schülerprotest gegen die Bedarfsabsenkung um durchschnittlich 3,5 Prozent wandert gegenwärtig im Bereich Hamm, Horn und Billstedt von Schule zu Schule. Morgen ist laut Ankündigung des Kreiselternrats 12 die Grundschule Stengelestraße dran, in der kommenden Woche wollen Eltern am Gymnasium St. Georg in Horn das Schultor symbolisch blockieren. Die Bildungsbehörde begegnet nach taz-Informationen dem Protestringelreihen verstärkt mit Druck auf Lehrer und Schulleitungen. So soll zu Wochenbeginn ein Fax aus der Behörde die Pädagogen ermahnt haben, sich bei diesen Aktionen nicht der Öffentlichkeit zu zeigen.