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Archiv-Artikel

Der Toten hinterhergeschimpft

Ein junger Mann hat seine 73-jährige Mutter totgeprügelt. Nicht nur er, sondern auch der Ehemann bezeichneten das Opfer als krankhaft streitsüchtig

Bremen dpa/taz ■ Ein 33 Jahre alter Student hat vor dem Bremer Landgericht zugegeben, seine 73 Jahre alte Mutter so schwer verprügelt zu haben, dass sie später an den ihr zugefügten Verletzungen starb. Er habe in einem Wutanfall nach ständigen Sticheleien zugeschlagen, sagte der Sohn am Donnerstag zum Prozessauftakt. Trotz schwerer Verletzungen habe seine Mutter es abgelehnt, ärztliche Hilfe zu holen. Ihrem Willen habe er sich gefügt. Die von Rippenbrüchen, Blutungen und Prellungen gezeichnete Frau starb rund acht Stunden nach der Attacke, die im November 2003 stattfand. Der Sohn ist nun angeklagt wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Zu den Zeugen gehörte gestern auch der 74 Jahre alte Vater des Angeklagten. Er beschrieb seine Frau, mit der er 51 Jahre verheiratet war, als „krankhaft streitsüchtig“. Sowohl mit ihm wie mit den fünf Kindern habe sie von Beginn der Ehe an Streit gehabt, sagte der Witwer. Er habe selbst mehrfach erwogen, sich von der Frau zu trennen.

Der angeklagte jüngste Sohn sei, so der Vater, ein „umgänglicher Typ, der normalerweise keinem Menschen was tut“. Zur Tat und zum Umgang mit der Schwerverletzten äußerte sich der 74-Jährige nicht. Ihm droht selbst ein Prozess, nachdem ihn die Staatsanwaltschaft wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt hat.

Der 33-jährige Sohn hatte als Physikstudent mit überlanger Studiendauer den Absprung von zu Hause nicht geschafft und stets bei seinen Eltern gelebt. Bereits früher habe er mit „Backpfeifen“ und anderen körperlichen Attacken auf die wiederholten Kränkungen durch die Mutter reagiert. In zwei Fällen musste die gehbehinderte Frau Verletzungen mit wochenlangen Klinikaufenthalten auskurieren. Mit handfesten Angriffen reagiert habe er jedoch erst, nachdem ihn jahrelanger Streit und Beleidigungen „oft aus nichtigen Anlässen“ dünnhäutig gemacht hätten, beteuerte der Angeklagte. Der Prozess wird fortgeführt.