piwik no script img

Archiv-Artikel

Tödliche U-Haft

Abschiebehäftling erhängt sich. Anwalt stellt Strafanzeige und wirft Justizsenator Kusch „Politik der Repression“ vor

Nach dem Selbstmord eines Flüchtlings in der Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis erhebt der Hamburger Rechtsanwalt Mahmut Erdem massive Vorwürfe gegen die Justizbehörde und ihren Präses Roger Kusch (CDU). Erdem wirft der Leitung und dem Psychiater der Anstalt Verletzung der Sorgfaltspflicht vor und will gegen beide Strafanzeige stellen. Zugleich machte er Senator Kusch politisch für den Suizid verantwortlich.

Erdem ist gesetzlicher Betreuer des türkischen Kurden Orhan B.. Der Abschiebehäftling hat sich am 19. April in seiner Zelle mit den Schnürsenkeln seiner Schuhe erhängt und liegt jetzt mit der Diagnose Hirntod auf der Intensivstation. „Der Mann hätte unter Beobachtung stehen müssen, denn er galt als suizidgefährdet“, beklagt sein Betreuer. So hatte Orhan B. bereits im März in der Abschiebezelle versucht, sich mit Spiegelscherben die Pulsadern zu öffnen. Er kam in eine Beobachtungszelle, wurde aber nach nur vier Tagen mit Zustimmung des Anstaltspsychiaters wieder zurückverlegt.

„Das war verantwortungslos“, rügt Erdem. Für den Selbsmord macht der frühere GAL-Abgeordnete die Politik des Justizsenators verantwortlich. Der Umgang mit illegalen Flüchtlingen habe sich unter Kusch „enorm verschärft“, so Erdem: „Die werden nur noch weggesperrt.“ Zugleich werde die Betreuung der Häflinge stark abgebaut. Erdem: „Kusch setzt auf Repression.“

Die Justizbehörde wollte zu den Vorwürfen nicht konkret Stellung nehmen und erklärte nur: „Wir sehen kein Versehen seitens der Anstalt.“ EVA WEIKERT