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Archiv-Artikel

Kein Zorn, nirgends

Agnetha Fältskog, Ex-Frontfrau von Abba, besinnt sich auf ihrem neuen Album ihrer Teenieträume. Musste das sein?

Von JAF

Vier Jahre hat sie an dem Album gearbeitet. Eine sehr lange Zeit, um 13 Songs einzuspielen, die ja der Welt … nun ja, den Menschen, die sich noch an Abba erinnern (und damit an sie), zeigen soll, in welch aufgeräumter Laune diese Sängerin ins künstlerische Leben zurück kehrt.

Agnetha (sprich: Anjetta) Fältskog ist ein legendäres Wesen. Keine Partys wie ihre frühere Kollegin Frida, keine Statements zu Abba, keine Erinnerungsbücher und sonst auch kein Gegenstand öffentlicher Erörterungen. Sie blieb privat, und das feuerte Gerüchte noch an: Leidet sie etwa an Schwermut?

Auf dem Cover jedenfalls scheint Agnetha Fältskog wie eine schöne Frau jenseits der Teeniesphäre, warmherzig, etabliert, irgendwie verwundbar – und trotzdem ziemlich stark. Mutig von ihr, eine Kollektion von Songs auszuwählen, von denen sie sagt, sie hätten sie als junges Mädchen geprägt: „My Colouring Book“ (so auch der Titel der Produktion), „Remember Me“ (lasch), „If I Thought You’ Ever Ganged Your Mind“ (unnatürlich munter), „Fly Me To The Moon“ (träge) oder auch, letztes auf dem Album, Bécauds „What Now, My Love?“ (bestürzend lahm). Die Interpretinnen, deren Material sie huldigt, haben ausnahmslos noch Rang: Dusty Springfield, Sandie Shaw, Cilla Black, Doris Day, Petula Clark.

Fältskogs Stimme klingt ausnahmslos wie früher, wenn sie auch in den Höhen etwas verloren wirkt, atemlos fast. Aber das ist leider nicht der Beleg für das Urteil, dass diese Produktion einer Spielerei unwürdiger Art gleichkommt: Denn Fältskog hat sich Songs ausgesucht, die die genannten Sängerinnen derart zu ihren gemacht haben, Lieder, deren Interpretationen nur in jene und keine andere Zeit passen, sodass alle Erbinnen wie Kopistinnen wirken müssen. Außerdem fehlt ihr, solistisch tätig, Fridas dunkles Timbre. Fältskogs Album muss muss man trotzdem kaufen: Denn „My Colouring Book“ beweist, welch Kunst einst Abba ins Werk setzten. Agnetha – kein Zorn, nirgends. Nur erwachsen geworden. Für ein sehnsuchtsstarkes Popalbum keine gute Voraussetzung.

JAF