: Altmieter haben Pech
Gerichtshof: Bei Altverträgen gelten weiter lange Kündigungsfristen. Gesetz ist unzureichend formuliert
KARLSRUHE taz ■ Die neuen mieterfreundlichen Kündigungsfristen gelten nicht für Verträge, die vor dem 1. September 2001 geschlossen wurden. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) und nahm damit einer rot-grünen Mietrechtsreform weitgehend die Wirkung.
Bis zur Neuregelung im Jahr 2001 galten für Mieter und Vermieter gleich lange Kündigungsfristen, die je nach Mietdauer zwischen drei Monaten und einem Jahr lagen. Die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) verkürzte jedoch die Kündigungsfrist für Mieter auf generell drei Monate. Begründung: Der Arbeitsmarkt erfordere heutzutage oft schnelle Umzüge. Außerdem müssten alte Menschen oft rasch in ein Heim umziehen. Da sei es nicht angemessen, wenn sie noch ein ganzes Jahr lang die Miete für die alte Wohnung zahlen müssten.
Nach dem gestrigen Urteil gilt die verkürzte Kündigungsfrist aber nur für die neuesten der rund 22 Millionen Mietverträge in Deutschland. Die Richter stützten sich dabei auf eine ebenfalls 2001 beschlossene Übergangsregelung. Dort hieß es, die Neuregelung sei nicht auf alte Mietverhältnisse anzuwenden, bei denen die Kündigungsfristen „durch Vertrag vereinbart wurden“. Nach Auffassung des BGH sind damit auch die (häufigen) Formularverträge gemeint, die nur die gesetzlichen Fristen wiederholen. Dass der Bundestag lediglich Verträgen mit „individuell ausgehandelter“ Kündigungsfrist Bestandschutz geben wollte, zählte nicht. Denn die rot-grüne Parlamentsmehrheit hat dies nur in einem Ausschussbericht erwähnt, nicht im Gesetz.
Das Justizministerium prüft jetzt, ob es das Gesetz nachbessern will. Bis dahin gibt es für Langzeitmieter, die aus einem wichtigen Grund überraschend ausziehen müssen, nur einen Rettungsanker: Sie müssen einen Nachmieter stellen.
CHRISTIAN RATH