: Das Spiel ist aus
Bildungsbehörde nennt keine weiteren Zahlen über Kita-Gutscheine. Etat reichte nicht mal zur Deckung aller Hortanträge. Träger sind überbelegt
von KAIJA KUTTER
„Mama, was bedeuten diese Zettel?“ Die Panik um Gutscheine erreicht jetzt auch die Kinder. Egal ob an Bällebad oder Kindergarderobe, die rigide Aufforderung klebt überall: „Achtung! Ohne Gutschein gibt es ab 1. August keine Betreuung mehr.“ Sie müsse doch ihren Etat berechnen, „andernfalls müssen wir Erziehern kündigen“, rechtfertigt eine Heimleiterin die Aktion. Sie wartet auf neue Gutscheine.
Doch die bleiben aus. Ein Teil der Eltern gab sie wohl noch nicht ab, die Eltern von Kindern, die zur Schule kommen, haben sie noch nicht. Und neue Kinder für die Plätze, die durch Fluktuation frei werden, wird es wohl nicht geben.
Wie berichtet, wurden beim ersten Wartelistensuchlauf am Montag rund 2000 Hort-Anträge bewilligt, dem stehen rund 10.000 Anträge gegenüber. Wie in Trägerkreisen gestern verlautet waren diese 2000 Gutscheine die letzten. Die Behörde versuche jetzt Zeit zu gewinnen und suche nach einer offiziellen Sprachregelung, bevor sie dies eingesteht. Ist der Etat leer, können bis zum Jahresende in den Kitas keinerlei Krippen oder Elementarplätze mehr nachbesetzt werden. Viele Träger haben sich gewappnet, indem sie ihre Kitas überbelegten, solange es nach dem alten System Geld gab.
Die bange Frage dieser Tage war, wie groß das finanzielle Volumen ist, das der Stadt noch für weitere Gutscheine zur Verfügung steht oder ob das in den Bezirken kursierende Gerücht, es gebe ein 15 Millionen Euro Loch, zutrifft. Die Auskunft war der taz schon für Mittwoch versprochen. Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow konnte dazu gestern keine Informationen erteilen. Gutscheine würden natürlich weiter bewilligt, konkrete Angaben könne er frühestens am heutigen Freitag machen. Luckow: „Es gibt hier im Hause einige Meetings.“
Bildungssenator Rudolf Lange bekräftigte hingegen in der Deputation der Behörde, es gebe keine Geldprobleme und auch künftig werde es die gleiche Anzahl an Hort-, Krippen und Elementarplätzen wie früher geben.
Dass ausgerechnet die Hort-Antragsteller die letzten Scheine bekamen, liegt wohl daran, dass es sich hier bei den Antragstellern nicht um Unbekannte, sondern langjährige Kita-Eltern handelt. Für Krippe, Elementar- und Hortbereich gibt es drei Teilbudgets. Lange hatte verfügt, dass sich Eltern für die Hortplätze neu bewerben müssen. Wie Kita-Amtsleiter Bernd Heinrich gestern verkündete, könnten alle diese Eltern „mit einer positiven Entscheidung rechnen“. Eine entsprechende Anweisung ging schriftlich an die Bezirke.
Doch in den Händen halten die Eltern diese Gutscheine noch nicht. Einige werden nach taz-Informationen durch das Raster fallen. So ist der Fall einer allein erziehenden Mutter bekannt, die keinen Hort-Schein bekommt, weil sie ihren Antrag zu spät stellte.
„Sie hatten zu wenig Geld, dann kann man so ein Gutscheinsystem nicht einführen“, sagt die GAL-Politikerin Christa Goetsch. „Das Spiel ist aus“, erklärt SPD-Politiker Thomas Böwer. Der Elternverein „FamilienPower“ sammelt Fälle von Eltern, die Opfer des Systems wurden und bittet diese, sich unter folgender Telefonnummer zu melden: 040/551 9068. Das Altonaer „Elternbündnis für familiengerechte Betreuung“ ruft für Montag um 11 Uhr zu einer Demo auf dem Altonaer Spritzenplatz auf.