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Archiv-Artikel

Die Bring- und die Hol-Schuld

Politiker sind unverständlich und Jugendliche verstehen nichts, zeigt eine Streitdebatte

Von jan

Bremen taz ■ „Jugendliche haben kein Interesse an Politik, und das ist von Euch gewollt!“ Den drei Bremer BewerberInnen für das Europaparlament, Karin Jöns (SPD), Jörg Jäger (CDU) und Helga Trüpel (Grüne), die auf Einladung des Bremer Jugendrings in den Bürgermeistersaal des Rathauses gekommen sind, klappt nach diesem Einwurf eines Oberstufenschülers erst einmal die Kinnlade runter. Schweigen, dann stellt der Moderator die nächste Frage.

Die Schüler jedoch erstreiten sich das Wort zurück. „Jugend Macht Europa“ – das ist ein Rathausabend voller Infotafeln über die neuen EU-Staaten, Musik, Tanz und Theater. Und die Polit-Diskussion. „Wie werden Jugendliche an europäischen Entscheidungen beteiligt?“, so deren Leitfrage. Die Schüler wollen erstmal Frust ablassen.

Von Politik würden sie „sowieso nichts kapieren“, bei „Nachrichten im Fernsehen gleich umschalten“. Schuld daran nach ihrer Auffassung: die Politik. Der gelinge es nicht, sich Jugendlichen verständlich zu machen. „Warum sollen wir enthusiastisch sein?“, fragt ein Schüler. „Es muss für uns schmachaft gemacht werden.“ „Politiker haben eine Bring-Schuld“, räumt Jöns ein, dann aber kontert sie: „Schüler haben auch eine Hol-Schuld.“

Zu holen gibt es auf dem Podium in erster Linie Schlagwörter: Von „Chancengerechtigkeit für die Jugendlichen in Europa“ spricht der CDU-Mann Jäger, Genossin Jöns hebt hervor, dass „die Jugend durch die Internationalität Europas auf mehr Wettbewerb vorbereitet werden muss“. Die SchülerInnen können damit wenig anfangen. Beim Thema Bildungspolitik preist die Grüne Trüpel das Konzept ihrer Partei von „individueller Förderung“. „Was heißt das?“, fragt eine Schülerin nach. „Sprachkurse, Leseförderung“, versucht sich Trüpel an einer Erklärung. Die kommt nicht richtig an. Schulterzucken im Publikum, die SchülerInnen fangen an zu tuscheln. Was „individuelle Förderung“ bedeutet, ist ihnen nicht klarer geworden.

Sie seien immer bereit, auch an die Schulen zu kommen, bieten die KandidatInnen an. Man müsse sie bloß ansprechen. „Wie denn?“, tönt einer. „Geh’ mal auf die Homepage.“ jan