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Archiv-Artikel

Das kurze Leben der BFI-Bank

Nachdem gestern die letzte Widerspruchsfrist ungenutzt verstrich, steht die Dresdner Nachwende-Gründung vor dem Aus. Kunden rechnen mit hohen Verlusten

DRESDEN taz ■ Lachende Menschen empfangen den Besucher der Homepage der Dresdner BFI-Bank. Den rund 50.000 Einliegern der Bank aber ist das Lachen vergangen. An der Tür zur „Villa Stephanie“ – dem hübschen Sitz der Bank umgeben von Dresdner Elbschlössern – klebt eine Mitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin vom 20. Mai. Darin erfährt der Kunde, dass die Bundesaufsichtsbehörde mit Sitz in Bonn und Frankfurt „den Entschädigungsfall festgestellt“ hat. Klardeutsch: Die BFI ist pleite.

Gescheitert ist damit auch das Konzept, den Kunden mit hohem Beratungsaufwand in seinem Wohnzimmer die Produkte der Bank zu verkaufen. Vorausgegangen war dieser Nachricht ein sechswöchiges Moratorium, das der Bank Zeit für die Sanierung geben sollte, den Kundenverkehr aber praktisch lahmlegte. Bankgründer, Hauptaktionär und Aufsichtsratschef Karl-Heinz Wehner war damals sauer, dass die BaFin das Angebot eines französischen Investors ignorierte. 20 Millionen Euro Beteiligung hätten das Bankhaus seiner Meinung nach retten können.

Die Ursache des Zusammenbruchs war eine zu späte Reaktion auf die faktische Entwertung von Krediten. Forderungen, die die Bank nominell nach ihrer Kreditvergabe hätte geltend machen können, besaßen teilweise durch die Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern nur noch theoretischen Wert. Schwere Vorwürfe wurden von Wehner und Bankkunden gegen die ehemaligen Vorstände Wolfgang Schneider und Michael Wiedernroth erhoben. Sie hätten sorglos weitere Einlagen angenommen und seien in der kritischen Phase im Urlaub und unerreichbar gewesen.

Das Amtsgericht Dresden betraute den Dresdner Rechtsan-walt Hans-Jörg Derra mit der Insolvenzverwaltung. Derra wird eigenen Angaben zufolge sein im Insolvenzverfahren übliches Gutachten frühestens Mitte Juli präsentieren. Er geht jedoch davon aus, dass das Bankhaus nicht mehr zu retten ist. Gestern verstrich die vierwöchige Frist, in der der Bankvorstand Widerspruch gegen den Entzug der Bankerlaubnis hätte einlegen können. Nach Auskunft der BaFin ist ein solcher aber nicht eingegangen. Die Bank stünde somit tatsächlich vor der Liquidation.

Unklar ist, wer die Bank derzeit vertritt. Anrufe landen in einer Endlosschleife des Anrufbeantworters. Mittlerweile hat sich eine Interessengemeinschaft der Kunden gebildet. Viele wussten offenbar nicht, dass die BFI nicht Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bankenverbands ist. Somit erhalten sie nur die gesetzlichen 90 Prozent, höchstens jedoch 20.000 Euro ihrer Einlagen zurück. Rechtsanwältin Cordula Heß, die die Interessengemeinschaft vertritt, erklärt, bislang sei nicht mehr als ein allgemeines Schreiben der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH eingegangen. Die Entschädigungsfrist beträgt ein Vierteljahr, aber es seien noch nicht einmal Fragebögen im Umlauf. Wegen der „schlimmen Buchhaltung“ der Bank, die beispielsweise Zinsen fünf Jahre im voraus buchte, sei fraglich, auf welcher Basis die Forderungen geltend gemacht werden könnten. Die BFI-Bank verfügt jedenfalls über keinen Immobilienbesitz, der zur Deckung der Einliegerforderungen herangezogen werden könnte. MICHAEL BARTSCH