: Die Weichheit der Wurfgeschosse
Erstmals spielt bei der Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke am Samstag auch die Polizei mit. Polizeipräsident Glietsch durfte das Ergebnis im Innenausschuss präsentieren
Offiziell zugeben will das bei der Polizei natürlich niemand. Aber hinter den Kulissen fragt man sich kopfschüttelnd, was die beim Staatsschutz angesiedelte Versammlungsbehörde geritten hat, die seit 1998 am 21. Juni auf der Oberbaumbrücke stattfindende Schlacht zwischen Friedrichshainern und Kreuzbergern diesmal nur unter Auflagen zu genehmigen. „Das Werfen von Gegenständen aller Art (insbesondere: Obst, Gemüse, Wasser- und Mehlbomben) oder das Verspritzen von Flüssigkeit (z. B. mittels Wasserwerfer) wird untersagt“, hatte es in dem Auflagenbescheid der Versammlungsbehörde an den PDS-Abgeordneten Freke Over geheißen.
Freke Over, wie all die Jahre zuvor Anmelder der Veranstaltung, hatte zwar die erste Demo mit Wasserwerferverbot „aufs schärfste“ begrüßt. Dennoch versuchte er die Polizei umzustimmen. Ihm schwante, was die Folge sein würde: Dass Friedrichshainer und Kreuzberger erstmals in der Geschichte der legendären Gemüseschlacht nicht nur gegeneinander, sondern gegen die Polizei zu Felde ziehen würden. Aber die Behörde wollte nicht hören.
Den Verlauf der samstäglichen Ereignisse beschrieb Polizeipräsident Dieter Glietsch gestern im Innenausschuss wie folgt: Gegen 14.35 Uhr unterrichtete Herr Over den Polizeiführer, dass er die Anmeldung wegen der Auflagen zurückzieht. Bedingt durch die kurzfristige Absage setzte trotzdem ein starker Zustrom von Personen ein. Diese wurden mehrfach von Polizeikräften auf die Absage hingewiesen und aufgefordert, die Brücke zu verlassen. Um 15.10 Uhr waren zirka 800 Personen vor Ort. Wenig später befanden sich alle Personen auf der Fahrbahn und bewarfen sich sowie Polizeikräfte und -fahrzeuge mit Obst, Gemüse, Wasser- und Mehltüten und anderen weichen Gegenständen. Rund 1.100 Personen hielten sich gegen 15.20 Uhr auf der Brücke auf, deshalb gab es wiederholt Lautsprecherdurchsagen, letztlich folgte die Räumung der Örtlichkeit um 15.41 Uhr. Kurz nach 16.00 Uhr wurden in der Warschauer Straße nochmals Lebensmittel auf die eingesetzten Polizisten geworfen; ab 16.20 Uhr beruhigte sich die Lage. Eine Anzeigenfertigung wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und besonders wegen schweren Landfriedensbruchs erfolgte. Ingesamt gab es zwölf Freiheitsbeschränkungen. Wegen der Weichheit der Wurfgeschosse, so Glietsch, wurde niemand verletzt.
„Ich habe den Eindruck, dass die Polizei alle Tomaten auf sich gezogen hat“, sagte Glietsch nach der Ausschusssitzung. Was die Lehre aus der Geschichte ist, verriet er indes nicht. PLU