: Manager kümmern sich um Problemzonen
Durch Quartiermanagement sollen soziale Brennpunkte wieder belebt und aufgewertet werden. Dortmunds Brückstraßenviertel wurde so rasch heraus geputzt, die Nordstadt braucht mehr als Schönheitsoperationen
DORTMUND taz ■ Es gibt Stadtviertel, auf die muss man aufpassen. In Dortmund tut das beispielsweise Friedhelm Cramer. Der ehemalige Brauereichef wurde vor sechs Jahren Quartiermanager für das Pilotprojekt “Revitalisierung des Brückstraßenviertel“. Damals war das Innenstadtviertel geprägt von Drogenmillieu, Prostition und Spielhöllen. „Mach was draus“, wurde Cramer 1998 mit auf den Weg gegeben.
Das Pilotprojekt, getragen von Land und Stadt, hatte ein Jahresbudget von 400.000 Mark und eine handfeste Vision: Die „Philharmonie für Westfalen“ sollte 2002 mitten im Brückstraßenviertel eröffnen. „Die ersten zwei Jahre habe ich nur Gespräche geführt“, erinnert sich Cramer. Mit Eigentümern, Investoren, Polizei, Verwaltung. „Wenn es um Veränderung geht, sagen viele: Das soll doch die Stadt machen – doch keiner sieht sofort ein, selbst zu investieren“, so Cramer.
„Der Quartiersmanager ist die Schnittstelle zwischen öffentlichen und privaten Akteuren. Da muss man manchmal sieben Sprachen sprechen; jede Gruppe hat ihre eigene.“ Cramer sprach und machte Öffentlichkeitsarbeit: Eine Quartierzeitung mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren entstand, auch Fotodokumentationen und ein Videofilm. Resultat: Das Viertel erinnert kaum noch an die verkommene Meile: Schickes Straßenpflaster, neue Boutiquen, sanierte Fassaden. Und auch das Konzerthaus steht. „Ich bin mit jungen Investoren zur Bank gegangen, die hätten sonst kein Kredit gekriegt“, sagt Cramer, seine Wirkungszeit wird in diesem Jahr wohl zu Ende gehen. Der Stadtteil ist nun sicher, sauber, fast lackiert – laut Umfragen akzeptieren auch die Bürger den Wandel. Nur die Defizitbilanz des Konzerthauses von 6,35 Mio Euro passt da nicht ins Bild.
Um Akzeptanz und Image geht es auch beim zweiten Quartiersprojekt in Dortmund. Unter dem Namen Urban II wurden 2002 752 Hektar der Nordstadt zum Programmgebiet erklärt. Ziel: Sauberkeit, Sicherheit, Umfeldaufwertung. Bundesweit fallen zwölf Städte unter das von Europäischen Union finanzierte Projekt. Drei Quartierbüros teilen sich das Gebiet in der Nordstadt auf. Auch hier gibt es Drogenkonsum, Prostitution, ökonomischen und sozialen Verfall. Doch im Gegensatz zum Brückstraßenviertel ist die Nordstadt ein Wohngebiet. „Wir haben hier viele Migranten, eine hohe Arbeitslosigkeit und eine große Fluktuation“, weiß Quartiersmanagerin Melek Dag. „Von einem Image-Garanten wie dem Konzerthaus können wir nur träumen.“ Und wohl auch vom finanziellen Rahmen des City-Quartiers.
Das EU-Projekt sicherte den drei Quartierbüros im letzten Jahr 329.000 Euro. Personal- und Sachkosten sind darin enthalten und nur wenig Spielraum für große Projekte. „Wir verfolgen die Methode der kleinen Schritte“, sagt Tülin Kabis-Staubach vom Planerladen, Träger des Quartierbüros Nordstadt Hafen. Das Team nennt sich selbst liebevoll „Kümmerer“, ihre Wirkungsorte sind vor allem die Nachbarschaftstreffen: „Dann kommen viele Bürger zusammen, sprechen über Probleme wie Müll oder Nutzung von öffentlichen Räumen. Wir moderieren und informieren“, sagt Meleg Dag. Ihr Vorteil: Die Sozialpädagogin kann türkisch. Zusammen mit Stefan Peter Andres macht sie sich für die schönen Seiten der Nordstadt stark. Auch hier ist eine Zeitung in Planung, Straßenfeste wurden organisiert.
Weil es sich um ein EU-Projekt handelt, sind die Umsetzungswege länger: „Viel Bürokratie“. Zudem fehle ein Topf für Bürgerprojekte. Die Bewilligung von 15.000 Euro dafür sind im Gespräch. „Dann können wir Ideen auch zeitnah umsetzen“, lautet Meleg Dags Wunsch für die Zukunft. Was die Quartiersmanager der Nordstadt bewirken konnten, wird sich zum Projektende im Jahre 2007 zeigen. ALEXANDRA TRUDSLEV