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Archiv-Artikel

„Scherf ist mutig“

Ulrich Nußbaum, Finanzsenator in spe, im taz-Interview

Ein bisschen irritiert saß er am Montagabend zwischen dem SPD-Parteivolk und erlebte hautnah, wie sich eine Basis benehmen kann: Ulrich Nußbaum (Foto), parteiloser Unternehmer in Bremerhaven und Kandidat der SPD für das Amt des Finanzsenators, machte seinen Antrittsbesuch bei den Genossen in Bremen-Stadt. Im taz-Interview erklärt er seine Sicht auf Politik.

taz: Was reizt Sie am Amt des Finanzsenators?

Ulrich Nußbaum: Mit dem Amt kann man auch in schwierigen Situationen etwas gestalten. Es geht nicht nur ums Sparen, es geht darum, Schwerpunkte zu setzen – zum Beispiel mit Entbürokratisierung oder Neuen Medien in der Verwaltung. Das Ressort wird zu Unrecht unterschätzt.

Was würden Sie anders machen als Hartmut Perschau?

Dazu will ich jetzt nichts sagen. Geben Sie mir erstmal die berühmten 100 Tage im Amt.

Erst sollten Sie Wirtschaftssenator werden, jetzt sollen Sie Finanzsenator werden. Kommen Sie sich nicht komisch vor?

Wenn ich Berufspolitiker wäre, würden Sie mich das nicht fragen: Dem würden Sie ohne weiteres zutrauen, für alles zuständig zu sein. Einem Unternehmer nicht. Aber Spaß beiseite: Man hat mich am Anfang auf beides angesprochen. Dass sich als Wirtschaftssenator möglicherweiseschneller mehr vorzeigen lässt – das ist das eine. Aber die Herausforderung in der jetzigen Situation liegt doch im Finanzressort. Und das, was zunächst unmöglich erscheint, hat mich immer mehr gereizt.

Am verfassungskonformen Haushalt 2005 will die große Koalition, so sie denn zustande kommt, festhalten – obwohl alle andeuten, dass es mit 2005 nichts werden könnte. Das ist doch eine ganz undankbare Herausforderung, oder?

Was heißt undankbar? Ich mach‘s ja nicht, weil ich Dank erwarte. Ich mache es, weil ich mich hier verantwortlich fühle, etwas zu tun. Ich glaube, dass ich mit meinen Fähigkeiten gemeinsam mit einem Team, das das Politische ein bisschen ergänzt, was bewegen kann. Vielleicht leiden wir ja in Deutschland auch daran, dass unsere Mandatsträger meist Berufspolitiker sind. So könnte mein Einstieg eine Chance sein. Henning Scherf ist mutig, ganz klar – aber ich hätte mich selbst nicht zur Verfügung gestellt, wenn ich nicht überzeugt wäre, dass ich das kann. Ich suche schließlich keinen Job.

Ist so ein Parteitag mit seinen stundenlangen Diskussionen nicht eher abschreckend?

Das gehört zur Politik. Es ist das gute Recht der Leute, sich hier zu äußern. Sonst muss ich in meinem Unternehmen bleiben. Da kann ich in einer halben Stunde all das entscheiden, was heute Abend fünf Stunden gedauert hat. Aber ich habe ja gesagt: Mich reizt die Politik, mit eben all diesen anderen Vorgehensweisen.

Interview: Susanne Gieffers