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Archiv-Artikel

Alstom-Zukunft mit oder ohne Siemens unklar

Französische Regierung schließt deutschen Einstieg beim Technologie- und Kraftswerkskonzern nicht mehr prinzipiell aus. Pläne liegen seit April vor. Sollte Siemens zum Zuge kommen, drohen Probleme mit den US-Kartellbehörden

Von STG

BERLIN taz ■ Die Zukunft des französischen Technologiekonzerns Alstom steht weiter auf der Kippe. Das im Turbinen-, Kraftwerks-, Schiffs- und Eisenbahnbau aktive Unternehmen ist finanziell schwer angeschlagen. Jetzt schließt die zunächst auf eine inländische Lösung bedachte Regierung in Paris offenbar auch eine Rettung unter Beteiligung von Siemens nicht mehr aus. Allerdings soll dem deutschen Technologiemarktführer ein französisches Staatsunternehmen als Mitretter zur Seite gestellt werden.

Nach Berichten der Financial Times hat Siemens bereits im April einen Restrukturierungsvorschlag mit dem französischen Atomkonzern Areva und der Investbank Lazard vorgelegt Danach würde die Verkehrssparte – Alstom baut unter anderem den französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV sowie Waggons für den deutschen ICE – an Areva übertragen. Siemens würde den Energiebereich, insbesondere das Turbinengeschäft, übernehmen. Die anderen Bereiche wie der Schiffbau – Alstom baute zuletzt das weltweit größte Kreuzfahrtschiff, die neue QE II – blieben im Unternehmen.

Bei Siemens hieß es gestern lediglich: „Dazu sagen wir nichts.“ Jeden Tag gebe es „neue Geschichten“, so ein Sprecher: „Mal soll Areva allein übernehmen, mal mit den Banken, dann wieder der Staat.“

Frankreichs Premier Jean-Pierre Raffarin hatte sich noch am Freitag gegen eine Zerschlagung des Unternehmens ausgesprochen, allerdings Optimismus hinsichtlich einer deutsch-französischen Jointventurelösung signalisiert: Solche Projekte „lassen uns Wege finden, unsere Entwicklungen und unseren Einfluss zu stärken“, zitierte die Financial Times Raffarin.

Eine solche Zusammenarbeit müsste allerdings von den EU-Kartellbehörden abgesegnet werden. Nach Presseberichten sind auch Probleme mit den US-Wettbewerbshütern zu erwarten, da Siemens nach Übernahme der Alstom-Turbinensparte zum Weltmarktführer General Electric aufschließen würde. Laut Spiegel hat Frankreichs Wirtschaftsminister Nicolas Sarkozy bereits bei EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti vorgesprochen. Die EU-Kommission dementierte allerdings, dass man sich bereits im Grundsatz einig geworden sei und auf den Siemens-Areva-Plan verständigt habe.

Alstom muss sich bis September mit seinen Gläubigerbanken auf ein Rettungspaket in Höhe von 3,2 Milliarden Euro einigen. 800 Millionen Euro will der französische Staat zuschießen, die Zustimmung der EU-Kommission zu diesem Paket steht aber noch aus. Bereits im Herbst hatte der Konzern angekündigt, rund 7.000 seiner insgesamt über 100.000 Stellen weltweit streichen zu wollen. Pro Jahr sollten rund 500 Millionen Euro eingespart werden. In Deutschland arbeiten rund 7.000 Menschen bei Alstom, die meisten davon im Energiebereich.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte letzte Woche erklärt, wie bei der Aventis-Übernahme durch Sanofi sehe er auch im Fall Alstom „wieder Staatsinterventionismus am Horizont“. Wenn diese „Tendenz“ anhalte, werde Deutschland daraus Konsequenzen ziehen müssen. STG